Auf Eisen verzichten

Eisen-Restriktion: Ein persönlicher Erfahrungsbericht

Wie du als edubily-Leser sicher weißt, wollen wir im Grunde nicht „die“ Lösung präsentieren, sondern Lesern Möglichkeiten an die Hand geben. Das mag, gerade für Neulinge, überfordernd wirken und es lässt vielleicht manchmal den roten Faden vermissen.

Auf der anderen Seite denke ich mir: Wieso muss ich auf Biegen und Brechen einen roten oder sogar dunkelroten Faden generieren? Das ist in meinen Augen heute ebenfalls ein großes Problem. Denn viele Autoren wollen ein großes Ganzes entstehen lassen, mühen sich ab, um ihre Thesen ja im Einklang mit ihrer Weltidee, ihrem Kernkonzept stehen zu lassen.

Ich bin der Meinung: Eine Leitlinie, eine „Ideallinie“ aufzuzeigen, ist in Ordnung. Dann, als Add-on quasi, kommen die Möglichkeiten ins Spiel.

Immer wieder diskutierten wir in den letzten Wochen den Mikronährstoff Eisen mit Blick auf seine (negativen) Folgen. Wichtig ist mir, dass Leser nach solchen Artikeln niemals glauben, dass Eisen – als Beispiel – per se schlecht ist. Viel mehr müssen sie verstehen, dass eine Substanz je nach Kontext gravierend anders wirken kann.

Es ist unmöglich, alles zu wissen, alles bereits erfahren zu haben. Gleichzeitig finde ich es wichtig, dass man zu Themen, über die man spricht, auch praktische Erfahrungen hat. Daher – und das empfehle ich auch den Lesern hier – probiere ich alles, wirklich alles aus. So auch die Eisen-Restriktion.

Was habe ich gemacht?

Eigentlich nichts Besonderes. Ich habe seit Weihnachten schlicht kein rotes Fleisch, keine Schalentiere mehr gegessen und zu jeder eisenhaltigen Mahlzeit Kaffee, Tee oder Phytinsäure-haltige Nahrungsmittel gegessen.

Der Erfahrungsbericht an sich ist auch sehr subjektiv, da ich keine Messwerte kenne.

Meine Erfahrung

Zuallererst einmal klingt Eisen-Restriktion schlimmer, als es eigentlich ist. Der Körper adaptiert schnell an eine Ernährung, die wenig Eisen enthält. Das merkt man daran, dass man die ersten Tage quasi ein starkes Bedürfnis nach eisenhaltigen Nahrungsmitteln hat, was aber rasch abflacht – die Adaptationsmechanismen scheinen dann zu greifen.

Generell ist es bei solchen längerfristig andauernden Unterfangen so, dass die Veränderungen viel zu schleichend daher kommen, als dass man sie bewusst und stark wahrnehmen könnte. Daher merkt man an sich keine negativen Veränderungen, vorerst.

In der Tat hatte ich das Gefühl, dass der Stoffwechsel zunehmend auf eine Kohlenhydrat-Oxidation umstellt. Ganz automatisch hat man ein stärkeres Verlangen nach kohlenhydratreichen Lebensmitteln. Das ergibt sich vorrangig aus dem Unterdrücken des Fettstoffwechsels. Mit anderen Worten: Dem (muskulären) Energiestoffwechsel bleibt nichts anderes übrig als eine gesteigerte Kohlenhydrat-Oxidation.

Leider hatte ich gerade zum Ende hin das Gefühl, dass hier etwas erzwungen wird. Ich hatte zunehmend das Gefühl, dass das Ganze maladaptiv wird. Das liegt vielleicht auch an Confoundern. Wer weniger rotes Fleisch isst, nimmt auch weniger Kreatin oder Carnitin zu sich, die ebenfalls profunde Auswirkungen auf den (muskulären) Energiestoffwechsel haben, worüber wir auch schon mehrfach berichteten.

Maladapativ bedeutet im Falle des muskulären Stoffwechsels, dass weniger Energie über die mitochondriale Atmung bereitgestellt wird, eher zunehmend ein glykolytischer Stoffwechsel vorliegt – der Muskel wird z. B. hart und verkrampft, was auf fallende ATP-Werte hindeutet. Alternativ kann es auch einfach sein, dass das Unterdrücken des Fettstoffwechsels eben aus zwei, einen potenziellen Energiespender macht, was schlicht meint, dass wir den Flaschenhals verengen. Auch das könnte einen ATP-Abfall herbeiführen.

Aber, wie gesagt, das sind reine Spekulationen.

Der Entschluss, das Projekt zu beenden, fiel beim Wandern. Wir hatten uns eine recht anstrengende, steile Tour ausgesucht. Sportler kennen den Spruch: Die Beine machen zu. Genau das traf während eines steilen Anstiegs ein. Entsprechend intensiv war die Atmung. All das kenne ich eigentlich nicht von mir bzw. habe ich seit Jahren nicht mehr erlebt. Diese Einschränkung meiner aeroben Kapazität gefiel mir in diesem Ausmaß nicht. Außerdem merkte ich zunehmend, dass ich, na ja, fauler werde, mehr mentale Anstrengungen investieren muss.

Als Resultat habe ich die Tage danach sehr eisenlastig gegessen. Es war schon ein Stück weit beeindruckend, zu merken, wie positiv der Körper auf die Eisenzufuhr reagiert. Wie soll man es beschreiben? Einfach so, wie man sich eine Sauerstoffdusche vorstellt. Frischer, wacher, leistungsfähiger, ein „längerer Atem“, die Faulheit verabschiedet sich, alltägliche, körperliche Belastungen gehen viel leichter von der Hand, tatsächlich fühlt man sich auch leichter. Im Grunde genau das, was ich damals im Handbuch schilderte.

Auch rasch zu merken war, dass der Muskel im Bezug auf den Energieverbrauch wieder ökonomischer wurde. Das, was ich erwarten würde, von einem gesunden Energiestoffwechsel.

Fazit und Ausblick

Würde ich es noch einmal tun? Bestimmt, aber nicht so lange. Ich denke, dass ich es schon ein Stück zu weit getrieben habe. Ich glaube, von der Intervention könnten speziell Insulinresistente mit hohen Eisenwerten profitieren. Insulinresistente mit niedrigen Eisenwerten könnten davon eher Schaden nehmen, eben aufgrund der Verschlechterung der mitochondrialen Energetik. Denn wir erinnern uns: Auf der mitochondrialen Membran sitzen eisenhaltige Proteine, die zwingend für die Energiegewinnung notwendig sind.

Das Experiment hat mir auch – wieder einmal – gezeigt, dass Theorie und Praxis häufig miteinander kollidieren und meistens der Mittelweg der passende Weg ist.

Unterm Strich bleibt also: Eisen-Restriktion mit Blick auf eine vermehrte Kohlenhydrat-Nutzung funktioniert, hat aber auch – wie antizipiert – Nachteile, die sich insbesondere nach einer längeren Phase der Eisenrestriktion bemerkbar machen. Zu hohe Eisenwerte müssen genauso im Blick behalten werden wie (zu) niedrige Eisenwerte. Und was zu niedrig bzw. zu hoch ist … das ist wohl sehr, sehr individuell.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

11 comments On Eisen-Restriktion: Ein persönlicher Erfahrungsbericht

  • Hallo Chris,
    Vielen Dank für die schnelle Antwort. Ja, bei Eisen und vor allem den Ferritinwerten bestehen offenbar hohe individuelle „Wohlfühl“- und damit sicher auch biochemische Unterschiede. Ich habe selber mal Eisen (30mg/Tag) supplementiert, da mein Ferritinwert „nur“ bei 120 lag. Danach hatte ich 160 und das relativ sichere Gefühl, das ich mich doch eine Spur leistungsfähiger und vitaler war.

    Beim Kollegen Strunz fängt ja Gesundheit erst bei 300 an–das wollte ich denn doch nicht probieren.
    Habe dann das Eisen wieder weggelassen und nach 2 Monaten wieder das Gefühl, insgesamt etwas müder zu sein. Man muß also wohl wirklich individuell testen und eben auch messen… bin jetzt sicher wieder auf 120 oder tiefer.

    Viele Grüße

    Ralf

  • Hallo Chris, Vielen Dank für Deine genialen Blogbeiträge.
    Bin Arzt, aber kann biochemisch sehr viel von diesen Artikeln lernen- toll! Macht weiter so.

    Kurze Frage: Wie waren denn Deine Ferritinwerte vor und nach der Eisenrestriktion bzw. zu welchen (Durchschnittswerten) räts Du denn? (unabhängig von individuelle Unterschieden, aber als Orientierung)?

    • Hi Ralf,

      herzlichen Dank :-)

      Nein, leider habe ich nicht messen lassen.

      Die Frage nach den (empfohlenen) Durchschnittswerten ist schwer zu beantworten, da der individuelle Kontext sich massiv unterscheiden kann. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass man gar nicht so sehr nach Werten gehen muss. Bei Leuten, die niedrige Werte haben (z. B. 20-30) könnte man eine „Fleischwoche“ veranlassen, gibt’s ja heute sogar recht legitim in Form einer „Paläo“-Diät. Fleischwoche mit viel Rind, Lamm oder anderen Herbivoren, 1-2 x pro 1-2 Wochen 100 g Leber oder täglich gefriergetrocknete Leber ohne Vitamin A. Dann nämlich wird der- oder diejenige schnell merken, ob Eisen für ihn ein Problem war oder ist – oder nicht. So, wie ich es im Artikel schildere. Wir reden bezüglich Wirkung pro Zufuhr von einer exponentiellen Verteilung. Bei solchen Vorgehen wird die Wirkung sehr schnell und stark eintreten (vor allem je größer der relative Mangel war) und dann trotz gleichbleibender Zufuhr nicht zunehmen. Heißt konkret: Jemand wird in der ersten Woche der stärkeren (Häm-)Eisen-Zufuhr rasch merken, ob Eisen bei ihm wirkt. Bei gleichbleibender Zufuhr sollte dieses Gefühl dann aber nicht mehr stark positiver werden, eher gleichbleibend. An diesem Punkt kann man die Fleischzufuhr dann wieder drosseln und durch regelmäßige Interventionen (z. B. Leber, fleischreiche Tage oder Eisen-Supplemente – wobei ich das nicht rate) den Gefühls- und antizipierten Eisen-Spiegel halten. Dadurch fängt man nämlich die sehr wichtige subjektive (Wahrnehmungs-)Komponente (mit) ein und geht nicht nur nach Werten. Natürlich können die Werte gleichzeitig erfasst werden, dann weiß man umso besser, wo der eigene Ferritin-Wohlfühlbereich liegt. Wichtig ist auch, dass ich davon ausgehe, dass Hämeisen das bessere Eisen ist, da die intestinale Aufnahme hervorragend ist und viele Gewebe dieses Häm direkt aufnehmen und in Zielproteine einbauen können. Dadurch umgeht man unnötige Synthese-Schritte.

      Viele Grüße!

      • Ja Chris, danke für die schnelle und ausführliche Antwort. Hast Du das Alles im Kopf oder mußt Du auch (wie ich meist) nachsehen- Respekt!

        Der „Wohlfühlfaktor“ und damit sicher auch die korrespondierenden biochemischen Faktoren sind wohl in der Tat sehr individuell. Ich habe mal bei einem Ferritinspiegel von „nur“ 120 und auf Empfehlung Eisen supplementiert (30mg/d) über einige Wochen, hatte dann einen Spiegel von 160 und habe mich (nicht nur eingebildet) deutlich munterer und fitter gefühlt. Dann wieder Eisen weggelassen und jetzt nach einigen Wochen fühle ich mich eher wieder müder…. muß wieder messen, vermute aber wieder 100-120. Der Kollege Strunz empfiehlt und hat ja auch selber einen Spiegel von 300- so weit wollte ich das denn doch nicht treiben.
        Werde wohl wieder um die 160 einstellen- was für Fleisch oder Anderes empfiehlst Du, wenn man Supplemente vermeiden will?
        Was meinst Du, könnte das auf Kosten der Insulinsensitivität gehen?

        Danke für kurze Tips und Viele Grüße!

        Ralf

        • Hallo zusammen!

          erstmal, Chris, sehr interessanter Versuch! Vor allem recht mühsam, ohne Chelator ;-)

          Eine der, zumindest soweit mir bekannten, umfangreichsten Abhandlungen zum Eisenstoffwechsel und der Supplementation mit Eisen – auch bei verschiedensten Bevölkerungsgruppen – und unter Einbezug diverser Auswirkungen auf Inflammation, Atherogenität und Mikrobiom/Darmintegrität

          http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2211968X13000053

          kommt zu dem Fazit, dass bereits bei nach unserem Verständnis sehr tiefen Ferritinwerten im Bereich von einem Cut-Off bei15 ng/ml alle Eisensysteme ausreichend physiologisch abgesättigt sind und Werten darüber kein physiologischer Nutzen beigemessen werden kann.

          Sehr lesenswert, insbesondere höchste akademische Ansprüche erfüllend und frei von jeglichen kommerziellen Interessen.

          Natürlich ist der individuelle „Wohlfühl-Ferritin“ sicherlich nicht bei jedem Menschen gleich. Die Frage ist, ob bei Fehlen von Störungen der Erythropoese und tiefnormalen Ferritinwerten eine Supplementation mit oralem Eisen wirklich mehr nützt oder doch nicht viel mehr Schaden anrichten kann.

          Unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Kältegefühl oder Konzentrationsprobleme können sehr viele Ursachen haben.

          Ich persönlich halte die Anhebung grenzwertig niedriger Ferritinwerte, die bei regelmässigen Fleischessern eher selten vorkommen, dann mittels hochwertigem biologischem Rindfleisch für sinnvoll.
          Ob Vegetarier oder Veganer mit grenzwertig tiefen Ferritinspiegeln, aber ohne klinische oder laborchemische Auffälligkeiten, einen Nutzen von Eisenpräparaten haben, halte ich für zumindest sehr fraglich in Anbetracht der obigen Abhandlung.

          Insbesondere auf Grund der dort aufgezeigten, nicht unbedeutenden Risiken durch negative Effekte von Eisen-Ionen auf verschiedene Geweben steht der Netto-Nutzen für mich sehr in Zweifel.

          Beste Grüsse!

          PS: Das was Du gemacht hast, Chris, ist im Endeffekt ja ein sehr sinnvolles Periodisieren/Zyklieren mit im Anschluss an an die Verbesserung der Insulinsensitivität einem Wiederauffüllen durch hochwertiges Fleisch. Das ist sicherlich eine interessante und metabolisch sinnvolle Sache.

          • Hi Doc,

            danke für deinen Input.

            Ja, das meinte ich im Artikel mit Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis, weil mir solche Arbeiten bzw. Ergebnisse auch bekannt sind. Entweder, mein Ferritin-Wert ist zu stark abgerutscht (unter die genannte Grenze, was ich aber nicht glaube) oder die Erkenntnisse sind nicht ganz richtig. Es war jedenfalls ziemlich beeindruckend, hätte ich so nicht erwartet.

            Besten Gruß!

            • Hallo Chris und Doc!

              Danke für den link zur Studie.
              Dennoch kann es aus einfacher praktischer Erfahrung keinesfalls sein,
              daß über einem Ferritinwert von 15 kein physiologischer Nutzen mehr auftritt!.
              Ich bin kein Molekularmediziner, aber ein Patient mit niedrigen 2-stelligen Werten ist in der Regel einer derjenigen, die wegen chronischer Müdigkeit, Adynamie und sehr geringer Energie mit blassen Outfit Rat suchen. Und davon gibt es eine Menge!!. Natürlich ist der Eisenstoffwechsel da häufig nicht das einzige Problem, aber eben schon auch ein Wichtiges, was die deutliche Besserung der Symptomatik bei Erhöhung der Werte oft zeigt.
              Mein eigener Fleischkonsum ist sicher durchschnittlich, aber keinesfalls sehr hoch ( ich weiß, daß ist immer schwammig, wie Vieles) und damit komme ich ungefähr auf einen Spiegel von 100-120. Viel wohler und fitter fühle ich mich, wie schon oben geschrieben bei einem vom 160 -allerdings habe ich dafür supplementiert, um eine gewisse Fe-Quantität definieren zu können. und weil ich nicht unbedingt mehr Fleisch oder Leber essen wollte.
              Da kann als Vorbild sicher auch die Evolutionsbiologie herhalten- da weiß Chris sicher deutlich mehr als Biologe. Aber das die Menschen vor über 10000 Jahren zumindest in unseren Breiten im Durchschnitt mehr Fleisch und vor allem Innereien als wir gegessen haben und damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch deutlich mehr Häm-Eisen, daß halte ich für äußerst sicher.
              Das die über unsere Bedenken bei höheren Ferritinwerten nur geschmunzelt hätten, daß erscheint mir auch äußerst wahrscheinlich. Nie und nimmer haben die Ferritinwerte unter 100 gehabt- zumindest die Männer nicht-sicher mehr als deutlich über 150 (wenn das reicht).
              Da hat sich die Natur ja wohl etwas dabei gedacht– waren die damals chronisch müde, kamen nicht aus dem Bett, entwickelten Burnout?–wohl kaum. Heute ist das mehr als nur die Ausnahme und dazu tragen die z.T.niedrigen Ferritinspiegel sehr wohl auch bei. Das zeigt einfach die tägliche Praxis.
              Die entscheidende Frage ist nur: Wie weit darf man das Wohl-und Vitalfühlen bei steigenden Ferritinwerten treiben—was ist , wenn ein Patient sich bei 200 noch „fitter“ fühlt als bei 160– ( ist nur ein Beispiel, kann auch im Vergleich 90 zu 120 sein ovm.) und das auch objektiv von der physischen und! geistigen Leistungsfähigkeit her ist??!
              Wann treten dann doch die biochemischen und physiologischen Nachteile von (zu?) hohen Werten in den Vordergrund und vor allem- wie kann man das ggf. messen und objektivieren? Was rät man also dem sich ja nun fitter den je fühlenden Patienten? Vor solchen Fragen steht man in der Praxis täglich, Studien und Individualität hin oder her—(aber über Werte von 15 müssen wir wirklich nicht reden).

              Viele Grüße

              Ralf

              • Hallo Ralf,

                ich selber habe i d R einen Ferritinwert um 30-50 ng/ml, einen normalen Hb um 15-16 g/dl und eine sehr gesunde Gesichtsfarbe.
                Mit einem Ferritin um 120 ng/ml noch vor ca. 2-3 Jahren hatte ich erstaunlich lange eine leichtgradige Anämie um 13 g/dl. Vermutlich zurückzuführen auf eine nicht ideal ablaufende Erythropoese aus anderen Gründen als Eisenmangel (derer es eine erstaunlich grosse Anzahl gibt).

                Ich glaube, auch wenn ich mir die langlebigen fitten Menschen in den BlueZones anschaue, die eine sehr geringe Aufnahme von rotem Fleisch bei gleichzeitig hohem Konsum potenziell Eisen-bindender Pflanzenstoffe wie Phytate haben, nicht daran, dass ein hoher Ferritin-Wert zu einem unbedingt zu einem grösseren Nutzen führt, wenn andere Faktoren welche die unspezifischen Symptome auslösen, beseitigt wurden bzw. die EisenPROZESSIERUNG optimal abläuft.

                Gleichwohl, ich ignoriere keinesfalls dass eine Erhöhung des Wertes auch zu messbar besserem Befinden führen kann.

                Ich denke aber, dass die individuellen Feinheiten des Eisenstoffwechsel die überragende Rolle spielen. Das erklärt sicher, weshalb der eine problemlos einen tiefen Ferritinwert toleriert, weil vielleicht die Verarbeitungsprozesse optimaler und effizienter ablaufen, und der andere einen höheren Wert benötigt, um alle Systeme optimal zu versorgen.
                So ist möglicherweise auch der CutOff von 15 ng/ml zu interpretieren, dass hier von einer sehr guten Prozessierung der Eisen-Ionen ausgegangen wird, die natürlich in der Realität nicht immer anzutreffen ist.

                Beste Grüsse!

                • Hallo Doc,

                  Danke für Deine Antwort und Deine eigenen Erfahrungen. Ein sehr wichtiges Thema, was leider in der Schulmedizin häufig in beide Richtungen ignoriert wird. Die „Normwerte“ gehen ja wild von 30-300, was mir sowohl nach ganz unten als auch nach ganz oben nicht sinnvoll erscheint.
                  Es stimmt natürlich. Der Hb-Wert korreliert mit dem Ferritinwert offenbar nur sehr bedingt. Meiner ist (leider) immer so im unteren Normbereich, egal wie hoch mein Ferritinspiegel ist. Klar spielen da eben auch viele andere Faktoren eine Rolle. Allerdings geht es oft gar nicht primär um den Hb, sondern um das Energielevel insgesamt (ATP!), was eben auch mit eisenhaltigen Enzymen der Atmungskette zu tun hat. Hier scheint es doch offensichtliche Korrelationen der Absättigung bzw. Aktivität dieser Enzyme und dem Ferritinspiegel zu geben.
                  Und ist es ganz klar, das Leistungssportler, aber auch der leistungsgeforderte Normalbürger häufig das deutlich höhere Energielevel bei höheren Ferritinwerten eindeutig wahrnehmen, ja sogar Erstere zu Wettkämpfen einen bestimmten Spiegel aus Erfahrung unbedingt anstreben müssen.
                  Und nicht Alle, die sich Kraft- und Energielos fühlen, haben einen niedrigen Hb, gar nicht so selten jedoch niedriges Ferritin als eine mögliche Ursache, was man ja mit Anheben testen kann .

                  Daher nochmal der für mich wesentliche Punkt: das optimale Energielevel und damit in der Regel auch dauerhafte Wohlfühllevel zu erreichen ohne dabei zu große mögliche Nachteile im Stoffwechsel- Reduktion der Glucoseloleranz u.a. – in signifikantem Maße in Kauf zu nehmen. Da hilft im Einzelfall wahrscheinlich nur Probieren und messen. In der Praxis praktikabel sind aber eben als Einstieg orientierende (Ober) Grenzen- 150??? (ein häufig benutzter Wert in dem Zusammenhang, wenn bis dahin das Energielevel bzw die Trainungsresultate tatsächlich steigen sollten). Natürlich ist dann klar, das auch die sonstige Lebensweise „genetisch- für uns mit mitteleuropäischen Vorfahren“ einigermaßen korrekt sein sollte (also z.B. nicht 70% KH, davon 60% leere) Da muß man letztlich viele („getunte“) Blutwerte auch im Kontext der gesamten Lebensweise sehen. Aber niemanden ist geholfen, wenn man sagt: Ist Alles individuell extrem unterschiedlich, kann Dir nicht helfen- probier selber aus, hast ja 30- 300 zur Auswahl. Na ja. Anhaltspunkte zumindest als Einstieg muß man als Arzt schon geben können und das ist sicher auch möglich.
                  Die Blue-Zones, die Du meinst, gibt und gab es aber doch nicht in unseren Breiten. Möglich, das man Migranten je nach Herkunft da schon differenzierter betrachten muß.
                  Im mitteleuropäischen Raum waren wir schon über zehntausende von Jahren und viel länger weitgehend Fleischfresser und damit stoffwechselmäßig sicher auf höhere Eisenwerte im Stoffwechsel eingestellt, haben aber natürlich auch mehr oder weniger „low carb“ gelebt, jedenfalls deutlich „lower“ als durchschnittlich heutzutage ( was uns bei gleichzeitig hohem Fleisch(Eisen)konsum dann mglw. heute zum Nachteil gereicht).
                  Die High-Carb-Stämme im Süden, die Du sicher meinst und die ja auch vergleichsweise wenig Fleisch gegessen haben, haben sicher auch grundsätzlich eine von uns deutlich differente Stoffwechselsituation, auch im Eisenstoffwechsel. Das hat sich aber über zehntausende von Jahren entwickelt und ist damit sicher auch genetisch bzw.epigenetisch determiniert. Mit dem von uns diskutierten Stoffwechselsituationen hier kann man das sicher nicht einfach vergleichen.

                  PS: Ich vermute mal, Du bist mit Deinen Ferritinwerten selbst nicht so ein begeisterter Sportler- zumindest nicht im Ausdauerbereich- oder doch?

                  Viele Grüsse!

  • Danke für diesen sehr informativen Artikel!

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