Der ominöse „leaky gut“ (löchriger Darm) – Eigene Erfahrungen

Auch, wenn Leute mancher Kreise mir das nicht glauben mögen: Ich bin ja grundsätzlich schon sehr skeptisch. Vor allem mit Blick auf irgendwelche Wehwehchen, die schön aufgeblasen werden.

Vielleicht ist das auch eine Art gesunder Selbstschutz: Nein, nicht jeder Furz macht krank – und man muss auch nicht in jedem Furz ein Gift sehen. Ergo: Statt überall Feinde zu sehen, könnte man sich auch mal auf die Schutzmechanismen des eigenen Körpers verlassen, womit man sich (psychischen) Stress ersparen würde. Citronensäure, auch wenn sie von fleißigen Schimmelpilzen gewonnen wurde, ist nicht für deinen Alzheimer verantwortlich.

Tja. Das mit den Schutzmechanismen ist nur leider so eine Sache. Die greifen schon auch und helfen in vielen, vielen Fällen. Aber manchmal besteht die Tücke eines „Gifts“ ja genau darin, dass der Körper nicht zu merken scheint, dass er gerade vergiftet wird.

Leaky gut? Was soll das sein?

Als ich 2014 hier angefangen habe zu schreiben, hatte ich doch noch einen sehr begrenzten Horizont. Da ging es mir eher um Leistungsfähigkeit und Optimieren. Aber kaum ist man hier im „Gesundheitsbereich“ des Internets tätig, wird man mit allerlei Zeugs bombardiert. Sowas wie „leaky gut“ oder „Hashimoto“ … hatte ich vorher noch nie gehört. Im Gesundheitsinternet scheinbar bis heute eine Seuche.

Dabei ist „leaky gut“, wie ich heute weiß, alles andere als ominös. Eine Suche bei Pubmed reicht aus, man findet viele, viele Informationen unter den Suchbegriffen „intestinal permeability“ oder „intestinal barrier dysfunction“ oder sogar „leaky gut“. Erst vor wenigen Jahren erschien eine Arbeit, die titelte:

Intestinal permeability – a new target for disease prevention and therapy

Und kürzlich:

Leaky Gut As a Danger Signal for Autoimmune Diseases.

Die folgende Abbildung verdeutlicht kurz und prägnant, um was es hierbei geht:

 

Bis ich es selbst erlebt habe

Ich glaube, dass viele Menschen die Tragweite der Effekte eines „offenen Darms“ nicht verstehen. Habe ich lange Zeit auch nicht. Ich persönlich kam mit dem Thema erst in Berührung als ich beobachtet habe, dass mir sogar kleine Mengen Gluten am Tag schlechte Laune machen. Aber nicht „schlechte Laune“, wie ich sie normal kenne, sondern eher eine, „Irgendwas zieht mich runter“-schlechte-Laune. Gluten weg, alles gut. Und ich bin wahrlich keiner von der zimperlichen Sorte.

Jeder Körper hat ja irgendwo seine individuellen Schwachstellen. Bei mir ist es beispielsweise das Zahnfleisch. Eine überraschende Entdeckung war für mich: Höre ich auf Weizen zu essen, legt sich das Zahnfleisch wieder an – und das, obwohl ich trotzdem genügend Kohlenhydrate esse. Und so weiter.

Ähnliche Erfahrungen habe ich besonders bei

  • Soja-Produkten (in größeren Mengen) und
  • (viel) Kaffee

gemacht.

So: Und deshalb war eine Erkenntnis über die Jahre für mich, dass mein Körper noch eine weitere Schwachstelle hat – und das ist der Darm. Es gibt ein paar Nahrungsmittel, auf die ich seltsam reagiere. Manche Effekte bleiben lokal, manchmal ergeben sich systemische Effekte – ähnlich, wie das der Fall ist, wenn man mal einen (milden) Darminfekt hatte. Gluten, viel Soja und viel Kaffe (in dieser Hierarchie) wirken profunder, aber viel subtiler.

Es gab noch ein paar weitere Effekte, auf dich jetzt der „Wissenschaftlichkeit“ halber hier nicht eingehen werde. Das Resultat war für mich allerdings derart schockierend, besser: beeindruckend, dass das „Darm-Thema“ vom Randbereich ins Zentrum meiner Bemühungen gerutscht ist. In erster Linie, weil ich verstanden und am eigenen Leib erfahren habe,

wie profund sich Darm-Anomalien auf die Gesundheit des ganzen Körpers auswirken können. 

Warum es ein reales Problem ist

Das Problem mit dieser Thematik ist, dass der „offene Darm“ schleichend vergiftet. Ich sage das bewusst so überspitzt. Man merkt es nicht. Es wirkt subtil und oft versteht man das Ausmaß erst, wenn man schadhaftes Verhalten sein lässt. Ich bin mir sicher, dass genau diese Thematik allerdings für viele, wenn nicht alle Menschen sehr relevant ist:

  1. Seit Dr. Fasano – der Gluten-Forscher – sollte man wissen, dass „Gluten für jeden ein Gift ist“ – bei manchen wirkt es stärker, bei anderen nicht so. Wirmechanismus: Gluten öffnet die Tore im Darm. Warum? Zum einen, weil Gluten einen Schalter reguliert, der für das Öffnen der Darmbarriere verantwortlich ist. Zum anderen, weil, so Fasano, Gluten vom Körper wie ein Bakterium oder Virus behandelt wird und daher ähnliche physiologische Reaktionen hervorruft – aber „nur wenige von uns verlieren diesen Kampf“. Immerhin.
  2. Quasi jeder Mensch kommt in Kontakt mit eben diesem Gluten, oder anderen Nahrungsbestandteilen, die potenziell problematisch sein können. Dazu zählt auch Alkohol, beispielsweise.

Dieser Beitrag soll eine reine anekdotische Evidenz bleiben. Warum? Weil ich nicht unterstellen möchte, dass das bei jedem so ist – ähnlich, wie es Dr. Fasano ausdrückt. Zeitgleich steckt die Wissenschaft hinter dem „angeschlagenen Darm“ noch in den Kinderschuhen und mein Eindruck ist, dass diese Thematik viel mehr Menschen betrifft als uns klar ist. Alleine in meinem näheren Bekannten- und Verwandtenkreis gibt es nicht wenige Menschen, die tatsächlich auch diagnostiziert Probleme mit dem Darm haben.

Gesundheit: Es geht nicht um „Ja“ oder „Nein“

Ich glaube, wir denken noch viel zu oft in Schwarz und Weiß. „Habe ich“, „habe ich nicht“. „Funktioniert“, „funktioniert nicht“. „Ist richtig“, „ist totaler Schwachsinn“. „Wissenschaft“, „Broscience“. Deshalb kommen wir häufig auch nicht auf die Idee, dass Themen wie „Autoimmunerkrankungen“ uns in irgendeiner Weise tangieren. „Habe ich nicht“. Wir gehen nicht davon aus, dass etwas sehr wohl auch in kleinem Umfang vorhanden sein kann. Heißt, wir müssen aufhören, auf Endpunkte wie „definitiv manifestierte Erkrankung, hervorgerufen durch XY“ zu gucken.

Oft geht es bezogen auf unsere Gesundheit um ein Pendel und um die Frage, in welche Richtung dieses Pendel ausschlägt – als Folge von kleinen, sich summierenden systemischen Feinheiten. Die Hintergrundmelodie entscheidet dann, in welchem Ausmaß sich etwas ausbilden kann oder überhaupt ausbildet, also in welche Richtung das Pendel letztlich ausschlägt.

Versteht man die Darm-Thematik vor diesem Hintergrund, und vor dem Hintergrund, dass im Darm – etwas überspitzt formuliert – „das Immunsystem gemacht wird“, weil sich dort eine enorme Wechselwirkung mit Mikroorganismen und Nahrungsmittelbestandteilen ergibt, wird klar, dass genau dieser Darm eine der Hintergrundmelodien sein können, die letztlich darüber entscheiden, wie es um unsere Gesundheit als Ganzes bestellt ist.

Und in der Hierarchen der Hintergrundmelodien nimmt der Darm eine Sonderstellung ein.

Ausweg?

Erste Ansatzpunkte könnten sein:

  • Paleo Autoimmun Protokoll, allerdings mit mäßigem Konsum von rotem Fleisch.
  • Gluten weg.
  • Verarbeitete „Bohnen-Produkte“ (Kaffee, Soja etc.) weg.
  • Whey (bzw. Glutamin) (1, 2) oder Casein (3) haben – entgegen hiesiger Meinungen – anscheinend protektive Eigenschaften.

Speziell was Casein angeht, gibt es interessante Forschungen zum Thema Darm & Typ-1-Diabetes: In Versuchen schützt hydrolysiertes Casein deutlich vor dem Einsetzen von Autoimmun-Diabetes (Typ-1-Diabetes). Interessant dabei:

Exposure to diabetogenic antigens from the intestinal milieu due to a compromised intestinal barrier is considered essential for induction of the autoimmune process leading to type 1 diabetes.

Heißt: Ein löchriger Darm gilt als Voraussetzung für die Entstehung von dieser Autoimmunerkrankung. Warum? Weil das Immunsystem zu viele Antigene (Bakterien-spezifische Substanzen) zu sehen bekommt, die normalerweise im Darm verbleiben sollen. Im Endeffekt verursachen solche Antigene dann das Einsetzen einer Autoimmunerkrankung, zumindest in diesem Fall. Und weiter:

The HC diet reduced autoimmune diabetes by 50% in DP-BB rats. In DP-BB rats, prediabetic gut permeability negatively correlated with the moment of autoimmune diabetes onset.

Das hydrolysierte Casein reduziert die Anfälligkeit gegenüber diesem Spektakel um 50 % – wohlgemerkt bei Ratten, die bezogen auf diese Autoimmunerkrankung anfälliger sind. Nichtsdestotrotz gibt uns die Arbeit Hinweise darauf, dass Autoimmunerkrankungen, nennen wir es mal „Fehlregulation des Immunsystems“, auch im Darm gemacht werden. (Vgl. (4))

Weizen sollte für viele, wenn nicht für jeden zum Thema werden

Unter anderem deshalb kommt der oben genannte Fasano in einer anderen Arbeit zum Schluss:

This new paradigm subverts traditional theories underlying the development of these diseases and suggests that these processes can be arrested if the interplay between genes and environmental triggers is prevented by re-establishing the zonulin-dependent intestinal barrier function.

Heißt: Vermeiden wir den Kontakt zwischen „anfälligen Genen“ und möglichen Trigger aus der Umwelt (z. B. Antigene vom Essen oder von Bakterien), indem wir die Darmbarriere schützen bzw. wiederherstellen, können die Krankheitsprozesse gestoppt werden. Zumindest, so Fasano hier, liegt der Verdacht nahe, dass das so ist.

Abschließen möchte ich mit einen Zitat aus einer Arbeit einer Wissenschaftlerin, die 2013 eine nette Übersichtsarbeit zum Thema „Krank durch Gluten“ geschrieben hat und Gluten selbst als „Antinährstoff“ bezeichnet:

In der vorliegenden Studie beschreiben wir, wie der tägliche Verzehr von Weizenprodukten und anderen verwandten Getreidekörnern zur Manifestation von chronischen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen beitragen könnte. Sowohl in vitro als auch in vivo Studien zeigen, dass Gliadin und WGA sowohl die intestinale Permeabilität erhöhen als auch das Immunsystem aktivieren können. Die Auswirkungen von Gliadin auf die Darmpermeabilität und das Immunsystem wurden auch beim Menschen bestätigt. (Vgl. (6))

Bedenken wir bitte kurz: Morgens Brötchen, mittags Nudeln, zwischendurch Teigteilchen und abends das Abendbrot.

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PS: Von uns wird niemand sein Brot verboten bekommen – aber ich werde es auch keinem empfehlen. Jedenfalls nicht in dem Maße, wie es hierzulande konsumiert wird.

Referenzen

(1) Benjamin J, Makharia G, Ahuja V et al. Glutamine and Whey Protein Improve Intestinal Permeability and Morphology in Patients with Crohn’s Disease: A Randomized Controlled Trial. Dig Dis Sci. 2011;57(4):1000-1012. doi:10.1007/s10620-011-1947-9

(2) Kotler B, Kerstetter J, Insogna K. Claudins, dietary milk proteins, and intestinal barrier regulation. Nutr Rev. 2013;71(1):60-65. doi:10.1111/j.1753-4887.2012.00549.x

(3) De Santis S, Cavalcanti E, Mastronardi M, Jirillo E, Chieppa M. Nutritional Keys for Intestinal Barrier Modulation. Front Immunol. 2015;6. doi:10.3389/fimmu.2015.00612

(4) Visser J, Lammers K, Hoogendijk A et al. Restoration of impaired intestinal barrier function by the hydrolysed casein diet contributes to the prevention of type 1 diabetes in the diabetes-prone BioBreeding rat. Diabetologia. 2010;53(12):2621-2628. doi:10.1007/s00125-010-1903-9

(5) Fasano A. Leaky Gut and Autoimmune Diseases. Clin Rev Allergy Immunol. 2011;42(1):71-78. doi:10.1007/s12016-011-8291-x

(6) de Punder K, Pruimboom L. The Dietary Intake of Wheat and other Cereal Grains and Their Role in Inflammation. Nutrients. 2013;5(3):771-787. doi:10.3390/nu5030771

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

15 comments On Der ominöse „leaky gut“ (löchriger Darm) – Eigene Erfahrungen

  • Hallo Chris, wieder mal sehr interessant, ich habe 3 Jahre lang jegliches Brot weggelassen und habe in dieser Zeit keinerlei migräneartige Kopfschmerzattacken erlebt, die mich hin und wieder plagten, ebenso verschwunden das Restlless Leg’s Syndrom.Nach vorsichtiger Einführung von Natursauerteig Brot, kamen die Kopfschmerzen leider wieder, vor allem nach erhöhtem Weizenkonsum. Es ist halt schwer, sich immer davon fernzuhalten, vor allem an den Wochenenden.

    An anderer Stelle habt Ihr ja das Sauerteigbrot erwähnt und es nicht aus einer vielfältigen Ernährung ausgeschlossen, nun ja, bei mir ist die Obergrenze zwei Scheiben am Tag. Es ist halt schwer Alternativen zu finden, wenn man, wie jeder Deutsche mit Brot als Grundnahrungsmittel aufgewachsen ist.?

  • Da ich ja selber das Problem habe, sollte man auch noch den Aspekt mit dem Magensäuremangel beachten, denn der könnte auch Ursache des Leaky Gut und vielen Symptomen sein. Damals hatte ich bei der TCM Kräuter bekommen und Akupunktur die die Magensäure anregen und innerhalb von 4 Wochen waren die Hautprobleme weg und ich konnte Zucker und Gluten ohne Probleme essen, nach absetzen der Kräuter hielt es 4 Monate an und dann kam alles wieder. Übrigens gibt es in der TCM keinen Leaky Gut und auch wie dieser genau Aussieht weiss keiner so genau, die einen sagen es sind Löcher und andere sagen es sind einfach nur Flecken im Darm die durch schlechte Bakterien, anstelle von guten besetzt sind. Leider habe ich aufgehört zur TCM zu gehen, da ich Akupunktur unangenehm empfand und seitdem leider noch keine wirkliche Lösung gefunden wie man die Magensäure wieder anregt ohne HCL Kapseln, bzw. warum diese denn reduziert ist. Im Internet liest man von Jodmangel führt zu Magensäuremangel und dort haben Leute im Milligrammbereich Jod eingenommen und dadurch das Problem beseitigt, allerdings bin ich mir unsicher mit Jodmengen über 300mcg. Meine vielen Ärzte rieten mir ja auf Gluten und Milchprodukte zu verzichten, aber das finde ich als verdammt schwer und nicht so einfach zu integrieren in den Alltag, ausserdem wenn man etwas seit der Kindheit gewöhnt ist, ist es nicht leicht zu meiden, was man gerne isst. Bei mir scheint es aber immer unterschiedlich zu sein, mal kann ich Gluten essen und mache mir einfach keine Gedanken und Sorgen über das was ich esse und die Haut ist super und an anderen Tagen lese ich viel über Gesundheit und beschäftige mich damit ob das gut ist oder nicht was ich esse und die Haut sieht katastrophal aus. Die vielen Studien was es gibt finde ich auch sehr kritisch, denn mal kommt die Studie Gluten und Milch ist schlecht und paar Monate oder Jahre später, och das ist alles super und schützt vor Krankheiten. Ich denke da einfach immer, die Studien dienen nur zur Ankurbelung des Geschäft und nicht weiter, sieht man ja bei den aktuellen Trends wie Paleo, Vegan, Frutarier und was es da nicht alles für ein Zeug gibt, keiner geht mehr in die Kirche, denn nun sind Ernährungstrends die neue Religion und die Leute bekriegen sich gegenseitig mit ihren Ernährungslehren.

  • Danke martin!
    Spannend wieviel leute sich damit beschäftigen!

  • Ich möchte zu dem guten Artikel noch ergänzen: Wer Probleme mit Gluten hat, der muss sich auf jeden Fall mit der Arbeit von Dr. Peter Osborne (No Grain, no pain) beschäftigen. Insbesondere wer bereits eine Autoimmunerkrankung hat bzw. gar Zöliakie. Denn dort lernt man, dass Gluten vielen Getreisorten enthalten ist. Das glutenfrei als Deklaration total irreführend ist, denn es bedeutet nur gliadinfrei, das Gluten des Weizens. Es gibt aber über 100 andere Glutene…und es gibt Studien, dass Menschen auf Reis und Mais (ja die enthalten auch Gluten) genauso stark reagieren wie auf Gliadin. Tja…und ganz streng genommen sind Getreide ohnehin nicht genetisch korrekt als Ernährung :-)…daher „einfach“ komplett aus dem Leben streichen und gesundes Gemüse + Fleisch essen, bio versteht sich. Obst wenig…zuviel Zucker. Ich gebe zu, dass dieser Lebenswandel bei mir auch über 12 Monate gedauert hat. Bin aber glutensensitiv und das ist Motivation. Ich habe, neben Weizen, tatsächlich Reis gar nicht vertragen. Und auch kein Casein…denn:
    Noch zu Casein: Dr. Baker schreibt: Alles was ich über Gluten geschrieben habe gilt auch für Casein ;-) …soviel dazu.
    Mein Tipp: Einfach mal 8 Wochen ausprobieren: Alles an Gluten und Milchprodukten (egal welches Vieh) streichen. Und schauen was passiert. Kostet nicht viel und kann enormen Nutzen bringen…siehe „no grain, no pain“.

    • „genetisch korrekt“ – ay was schmerzt mir diese Wortwendung in den Ohren (und ich bin alles andere als pc…)
      Nun, weder Stühle noch Matratzen, oder gar die Langhantelstange, oder die Gabel sind „genetisch korrekt“. Die Wellenemissionen des Displays sind es auch nicht. Im Grunde kann gesagt werden, dass die gesamte „western civilization“ genetisch inkorrekt ist, insbesondere Praktiken der maladaptiven Bevölkerungsgenese – und der Hype der Ernährungspaläontologen ist eines der evidentesten Zeichen für absichtliche Fehlinterpretation genetisch geschaffener und bestehender Fakten, also ein Symptom of mental disorder…

      • „Genetisch korrekt“ mag eine Begrifflichkeit sein, die ein wenig überspitzt. Nichtsdestotrotz wird man im Kerne kaum abstreiten bzw. bestreiten können, dass die „Western civilization“, wie du es richtig schreibst, in vielerlei Hinsicht maladaptive Verhaltensweisen zeigt.

        Insofern finde ich eigentlich nicht, dass es ein „Hype der Ernährungspaläontologen ist“, wenn man sich um Eckpfeiler einer gesunden Lebensführung in Anlehnung an unsere Entwicklungsgeschichte kümmert. Im Gegenteil. Wir brauchen diese Schablone sogar.

        Ein „Symptom of mental disorder“ ist wohl eher, in allem das Extrem zu sehen oder es extrem auszulegen.

  • Danke für den Artikel, sehr interessant!

    Fraglich bleibt dann auch, inwieweit die unterschiedlichen Gliadin-Varianten (Alpha,-Beta-Gamma-und Omega-Gliadin) eine Rolle spielen. Im Weizen ist meist das Omega-5-Gliadin für die Unverträglichkeiten verantwortlich, diese Variante fehlt z.B. im Dinkel.

    Habe die Erfahrung gemacht, dass ich Dinkel (das ganze Korn) nach 24-48 Stunden einwässern (mit einem Schuss Essig) sehr gut vertrage.

    Beste Grüße
    Markus

    • Danke für deinen Kommentar.

      Es ist halt die Frage, nach welcher Bemessungsgrundlage ich die Wirkung von Weizen bzw. Gluten/Gliadin bewerten möchte. Gehe ich z. B. nach „Verträglichkeit“ (dh. kriege ich davon Bauchschmerzen?), gehe ich nach spezifischen Entzündungsmarkern oder gar gleich spezifischen Antikörpern? Und müssen diese drei Faktoren überhaupt zusammenhängen?

      Ich denke nicht: Müssen zum Beispiel Antikörper gegen Gluten vorliegen, damit Gluten negative Wirkungen entfalten kann? Nein. Gluten kann via Zonulin-Freisetzung eine Antikörper-Reaktion gegen alles mögliche forcieren, theoretisch. Und theoretisch kann z. B. durch die Zonulin-Freisetzung eine Entzündungsreaktion im Darm entstehen – ohne, dass man dabei tatsächlich auch Zöliakie hat.

      Um noch mal auf deine eigentliche Frage zurückzukommen: 2008 hat der o. g. Fasano eine Arbeit veröffentlicht, in der er einen Rezeptor identifiziert, an den – wenn ich mich recht erinnere – alpha-Gliadin bindet und als Folge die Zonulin-Freisetzung und damit die Barriereöffnung herbeiführt. Die Frage wäre dann, ob und inwieweit die verschiedenen Gliadin-Varianten hier unterschiedlich binden. Aber dazu ist mir nichts bekannt.

      LG Chris

      • Vielen Dank für deine schnelle Antwort Chris!

        Werde mir auf jeden Fall die Werke von Fasano zu Gemüte ziehen, ein wirklich sehr spannendes Thema. Und hier zeigt sich mal wieder: ein Schwarz-Weiß- Denken hilft einem nicht wirklich weiter, inbesondere im Hinblick auf Casein, Milchprodukte generell bekommen ja in letzter Zeit ihr Fett weg…

        Habe eh ein kleines Experiment im Auge: 3 Monate primär auf Haferflocken / Dinkel als Energiequelle setzen, Bluttest machen (insb. CRP-Werte) und danach für 3 Monate auf Kartoffeln / Batate wechseln und dann die Blutwerte vergleichen. Über die Aussagekraft wird man wohl streiten können :D

        LG Markus

        • Hallo Markus,
          das Ergebnis deiner Selbst-Studie würde mich als Autoimmun-Kranke tatsächlich interessieren, allein als Hinweis, ob sich hier wirklich messbare Unterschiede ergeben.
          Bezüglich Darm habe ich persönlich mit Lecithin (Granulat) erheblich bessere Ergebnisse erzielt, als mit Glutamin (und anderen Aminos) allein.
          Ansonsten: das ist mein erster Kommentar, ich lese aber regelmäßig die Artikel. Eine tolle Wissensquelle und große Orientierungshilfe, danke Chris

      • Gluten (bei jedem Getreide aus mehreren Bestandteilen) muss nicht der Trigger der Gesundheitsprobleme sein. Ob das so ist, kann der wissende Arzt über Bluttests auf Antikörper und genetische Marker prüfen. Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan, der mit seinem Team die der Zöliakie zugrunde liegenden autoimmunen Prozesse erforscht hat und dabei die Transglutaminase 2 als Autoantigen entdeckt und als Blutmarker für die Diagnose dieser Krankheit etabliert hat, hat hier bahnbrechende Arbeit geleistet. Bei seinen weitergehenden Forschungen in Boston und in Mainz wurden nun weitere Proteine, sogenannte Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) als Auslöser von extraintestinalen (außerhalb des Darmes) Beschwerden indentifiziert. Diese ATI’s stimulieren das angeborene Immunsystem des Darmes, welches Botenstoffe freisetzt, die dann ihrerseits das adaptive Immunsystem im ganzen Körper aktivieren. Dabei können bei Personen mit autoimmunen Erkrankungen die entzündlichen Beschwerden angefeuert werden. Der Darm selbst kann dabei beschwerdefrei sein. ATI’s finden sich verstärkt in glutenhaltigen Getreiden wie Weizen, Roggen, Gertse, Dinkel usw. Getreide, welche von Zöliakiebetroffenen weitgehend vertragen werden, haben davon weitaus weniger und verursachen deshalb auch kaum Beschwerden.
        Seit März diesen Jahres gibt es dazu ein Buch, in welchem diese Thematik ausführlich erläutert wird. Sehr zu empfehlen!
        Tägliches Brot: Krank durch Weizen, Gluten und ATI (ISBN 978-3-662-56044-0)

        Gruß Lutz

    • Meine Frau und ich haben schon seit ca. 10 Jahren auf (Ur-)Dinkel umgestellt.
      Ihre Weizen-Unverträglichkeit hat sich sofort enorm gebessert. Ich fand einfach die Ernährung nach Hildegard von Bingen toll, zudem schmeckt es mir einfach besser und hält mich angenehmer satt.

  • Also direkt habe ich mit Gluten, keine probleme!

    Aber indirekt macht es mich müde…

    Vieleicht weil das imunsystem mehr arbeitet, und erhöhte entzündungsreaktionen hervorruft?

    Wie kann denn glutamin im darm hilfreich sein??

    • Hallo Angi !
      Einige Studien haben gezeigt, dass Entzündungsfaktoren wie z.B. die Durchlässigkeits-Faktoren (löchriger Darm) bei Patienten verschwanden, die Glutamin zu sich nahmen. Glutamin ist die Energiequelle für jede Immunzelle. Dadurch steigert Glutamin die Immunkraft der Darmzellen und erhält so die natürliche Darmwand Barriere. Diese Aminosäure vergrößert die Darmzotten, reduziert die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut und verhindert so die Bakterien-Wanderung bzw den -austausch. LG Martin

      Wahrhaftig ein Wunderstoff. Wie wichtig, erkennen Sie daran, dass er mehr als die Hälfte aller freien Aminosäuren im menschlichen Körper ausmacht.

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