Darm

Wahrheit auf einem Bild

Menschen stehen auf griffige Infos. Das sehen wir immer bei unseren Instagram-Beiträgen.

Zwar gibt es auch immer einen gewissen Prozentsatz an Menschen, die das, was wir plakativ und griffig darstellen, bewusst verzerren und falsch verstehen wollen. Allgemein aber gilt auch bei uns das, was Einstein gesagt haben soll:

Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht gut genug verstanden.

Mache die Dinge so einfach wie möglich. Aber nicht einfacher!

Und in diesem Spannungsfeld wollen wir Lesern Informationen an die Hand geben.

Auch aus diesem Grund haben wir das vielleicht renommierteste Fachmagazin im Bereich Stoffwechsel und Ernährung, Cell Metabolism, für relativ viel Geld abonniert. Wir wollen die Leute nicht nerven mit Infos aus minderwertigen Fachjournals.

Leaky gut – „keine Pseudowissenschaft“

Und genau daraus will ich heute einmal kurz zitieren. Es geht um Leaky gut. Wir erinnern uns: Der Darm stellt eine Barriere dar, z. B. indem Darmzellen kräftig miteinander verschweißt sind und sich nur in manchen, bestimmten Kontexten lockern.

Wenn diese Barriere verloren geht, sprich, wenn der Darm leaky (engl. = „löchrig, durchlässig“) wird, kommen – überspitzt formuliert – Fäkalien ins Blut. Dass das nicht besonders gesund ist, kann man sich vorstellen.

Vor einigen Jahren wurde die Bedeutung des Darms vor allem in alternativen Kreisen in den Vordergrund gestellt. Leaky gut galt als ultimative Triebfeder für die Entstehung und Progession von Krankheiten. Die Schulmedizin belächelt dies teils bis heute.

Nicht jedoch die medizinische Wissenschaft. Intestinale Permeabilität oder auch leaky gut sind mittlerweile fest etablierte Begriffe in der Wissenschaftsliteratur. Und der Darm wird immer wichtiger. Es werden Darm-Hirn-Achsen, Darm-Muskel-Achsen, Darm-Gelenk-Achsen, Darm-Pankreas-Achsen, Darm-Lungen-Achsen, Darm-Haut-Achsen und natürlich Darm-Leber-Achsen beschrieben.

Heißt: Die Wissenschaft publiziert fröhlich darüber, wie der Darm Einfluss auf sämtliche Organsysteme nimmt. Und freilich steht dann immer die Beobachtung im Raum, dass der Darm dysfunktional wird – und das bedeutet unter anderem, dass sich eine Mikrobiom-Dysbiose einstellt (= Fehlbesiedlung) und der Darm … leaky wird, sprich seine Barrierefähigkeit verliert.

Heißt konkret:

Darmdysbiose und Leaky gut sind tief involviert in Krankheitsentstehung. 

Die neue Studie zur Darm-Leber-Achse

Eine aktuelle Studie, veröffentlicht im o. g. Cell Metabolism, befasst sich mit der Darm-Leber-Achse. Man liest beispielsweise:

Die Darmbarriere schützt den Körper vor potenziell toxischen Stoffwechselprodukten, Bakterien und deren Antigenen. Daher ist die immunologische Kontrolle der Darmbarriere und der kommensalen Mikrobiota von entscheidender Bedeutung und evolutionär konserviert.

Eine gestörte intestinale Epithelbarriere spiegelt wohl einen „ersten Treffer“ in Richtung einer Störung der Darm-Leber-Achse wider, die durch Ernährungsstress und eine damit verbundene mikrobielle Dysbiose ausgelöst werden kann.

Die Ernährung und insbesondere eine typisch westliche Ernährung hat sich in den letzten Jahren als einer der stärksten Auslöser für die Beeinträchtigung der Barrierefunktion des Darmepithels und die Endotoxämie bei gesunden Probanden erwiesen.

Und so zieht sich eine ganze Kette der Argumentation durch die Arbeit, die zum Schluss kommt:

Aus konzeptioneller Sicht ist die wechselseitige Kommunikation entlang der Darm-Leber-Achse von entscheidender Bedeutung für Fettleber, Alkoholeber, primär sklerosierende Cholangitis und Leberzirrhose und die damit verbundenen Komplikationen wie Atherosklerose und kardiovaskuläre Komplikationen.

Verstanden? Ein kranker Darm ist also essentiell entscheidend dafür, dass sich a) Lebererkrankungen überhaupt entwickeln und b) systemische Erkrankungen wie Herzkreislauferkrankungen etablieren.

Die Autoren zeigen mit einem Bild auch plakativ, wie Ernährung die Darmfunktion stört:

Darm Leber Achse
Abbildung: Lebererkrankungen haben ihren Ursprung (auch) im Darm 

Abstrahieren wir mal die wichtigen Punkte:

  • Links sehen wir „gute“ Bakterien (grün), rechts eine Dysbiose (grün und rot)
  • Links werden von den richtigen Bakterien also förderliche Stoffe im Darm gebildet.
  • Folglich ist der Darm links dicht und rechts leaky – und entzündet.
  • Es dringen rechts u. a. Bakterien bzw. Endotoxine in tiefere Schichten ein. Links bleibt „sauber“.
  • Das Immunsystem wird rechts (chronisch) aktiv.
  • Und zu allem Übel beeinträchtigt dies die Funktion der Blutgefäße (rechts), es entsteht eine Endotoxämie und eine niedrig-gradige, chronische Entzündung im ganzen Körper – und damit eine Anfälligkeit gegenüber der Entstehung von Lebererkrankungen.

Wir können also nur den Satz wiederholen, den wir in diesem Kontext immer wieder sagen:

Im Darm wird das systemische Immunsystem auf „sanft“ oder „mega-aggressiv“ gepolt. 

… und es glauben immer noch Menschen, Zahnfleischbluten und -entzündungen haben hauptsächlich was mit bösen Bakterien im Mund und mit Zähneputzen zu tun. :-)

Essen ist nicht kompliziert

Und jetzt zur Ernährung, bei der sich die Autoren auch viel Mühe gegeben habe, sie ganz nett hinzumalen:

  • Unverarbeitete Nahrung (links) macht einen gesunden Darm.
  • Verarbeitete Nahrung (rechts), also Cola, Salamipizza und Torte von Tante Petra, macht einen kranken Darm.

Anknüpfend an Einsteins Zitate schlage ich an dieser Stelle vor, es wie das Pinselohrschwein zu machen, statt darauf zu warten, dass die Wissenschaft alle möglichen bösen Faktoren in der westlichen Nahrung und alle guten Faktoren in der gesunden Ernährung beschrieben hat. Das wird nämlich noch Jahrzehnte dauern.

Ein Salat mit Streifen vom Weiderind hat jedenfalls noch niemandem den Darm kaputt gemacht. Im Gegenteil. Wenn eine Terry Wahls mit ihrer Fleisch-Gemüse-Ernährung also ihre MS „geheilt“ hat, dann … genau aus diesem Grund.

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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