2 Ernährungsstudien

Zwei Studien, die die Ernährungs-Welt bewegen

Okay, okay. Du hast ja recht. Die Überschrift ist – wie wie so oft – übertrieben. Was stimmt, ist, dass ich zwei nette Studien im Gepäck habe, die ich hier gerne kurz besprechen will.

Wer den Energie-Stoffwechsel ein bisschen verstanden hat, auch das kennt, was Drumherum wichtig ist (also: Welche Fettsäuren gibt es und wie wirken die? Wieso kann mein Nachbar Kohlenhydrate essen und ich nicht? Gibt es bessere und schlechtere Kohlenhydrate? Und so weiter), der versteht schneller, warum Studien-Ergebnisse zeigen, was sie zeigen.

Das, was ich im Folgenden beschreibe, bzw. das, was Studien gerade wieder einmal beschreiben, steht auch so in etwa im neuen Stoffwechsel-Handbuch. Noch einmal ein Grund, ein bisschen dafür zu werben. Ich glaube, es lohnt sich.

Warum Soja-Öl besonders krank macht

Auf der Facebook-Seite des Lebensmittelchemikers Udo Pollmer können wir lesen:

Die höchst unterschiedliche Gewichtsentwicklung zeigt, dass die berühmten „Kalorien“ ziemlich überschätzt werden. Doch wer ist dann der Dickmacher? Als Ursache kommen da eigentlich nur die Hormone, die Phytoöstrogene der Sojabohne infrage.

Und das ausgerechnet von Pollmer, der immer wieder gerne suggeriert, dass es piep egal ist, was wir in den Schlund kippen. Dick und krank macht sowieso alles gleich … oder auch nicht. Herr Pollmer möchte sogleich auch den Schuldigen ausmachen, nämlich die Phytoöstrogene aus der Sojabohne.

Doch um was geht es da eigentlich?

Einfach:

Die Physiologen verglichen die Wirkung von Sojaöl mit gehärtetem Kokosfett und beide Öle nochmals zusammen mit viel Fruktose.

Natürlich mit Blick auf die Entwicklung der Tier-Gesundheit.

Das Ergebnis stellt so ziemlich alles auf den Kopf, was unsere Experten bisher zu wissen glaubten. Ich zitiere die Forscher: „Zusammengefasst legen unsere Resultate nahe, dass eine Ernährung mit viel Sojaöl abträglicher für die metabolische Gesundheit von Mäusen ist als eine Kost mit viel Fruktose oder viel Kokosfett.“

Pollmer schlussfolgert:

Besorgniserregend sind die gesundheitlichen Folgen für den Zuckerstoffwechsel der Mäuse. Um es kurz zu machen, hier das wörtliche Ergebnis: „Sojaöl verursacht Diabetes, Glucoseintoleranz und Insulinresistenz.“ Wurde jedoch statt Sojaöl Kokosfett mit viel gesättigten Fettsäuren verfüttert, blieb der Effekt aus. Auch eine Mischung aus Kokosfett mit reichlich Fructose hatte keine nachteiligen Wirkungen.

Mit dem Sojaöl haben wir offenbar gleich drei fette Brummer mit einer Klappe erwischt: Übergewicht, Fettleber und Diabetes. Bingo. Solche Befunde hätten ein großes Echo verdient, noch dazu ist die Studie für jedermann frei zugänglich – aber in Deutschland herrscht nur beredtes Schweigen. Wovor hat man denn so Angst? Wenn es darum geht, die Community mit lausigen Ernährungs-Theorien verrückt zu machen, sind die Experten ja auch nicht gerade zimperlich. Mahlzeit!

Also: Soja-Öl-Fütterung ist schlimmer als Fruktose-Fütterung – zumindest mit Blick auf die metabolische Gesundheit des Tieres.

Noch einmal zum Erinnern: Normalerweise will man Tiere mit viel (gesättigtem) Fett und Kohlenhydraten, meist Zucker (also Haushaltszucker, Saccharose, der zur Hälfte aus Fruktose besteht) richtig mästen. Die Forscher zeigten hier aber, dass gesättigtes Fett aus Kokos eben nicht so krank und dick macht wie das Soja-Öl, das mit vielen – nach der Theorie von gewissen Forschern – ach so tollen und wichtigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren daher kommt.

Wieder einmal hat die menschliche Logik zugeschlagen: Wenn mehrfach ungesättigte Fettsäuren irgendwie wichtig sind im Körper, dann ernähren wir uns am besten nur noch davon. Soja-Öl ist hier die Lösung, da es zu fast 60 % aus mehrfach ungesättigten, sogenannten essentiellen Fettsäuren besteht. Natürlich in erster Linie die Omega-6-Fettsäuren Linolsäure. Für mich ist es ein Rätsel, warum Pollmer ausgerechnet die „bösen“ Phytoöstrogene als Bösewicht ausmacht, wo doch klar ist, dass Omega-6-Fettsäuren in diesen Mengen wirklich krank machen.

Mehr noch stört mich, dass Kokosfett ja nun wahrlich kein klassisches Krankmach-Fett ist. Würde man darüber eine Sekunde nachdenken, müsste man auch nicht so überrascht tun. Denn Kokosfett besteht immer noch bis zu 70 % aus mittelkettigen Fettsäuren. Die wiederum werden komplett anders metabolisiert als langkettige, gesättigte Fettsäuren.

Unterm Strich bleibt: Wer über den (Energie-)Stoffwechsel etc. Bescheid weiß, der braucht solche Studien nicht mehr.

Link zur Quelle

Wenn Protein-Restriktion gesund macht

Tja. Auch das soll es geben. Nahrungsprotein einschränken und Diabetes loswerden. Du erinnerst dich vielleicht. Auch das hatten wir im Stoffwechsel-Handbuch angeschnitten.

Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben herausgefunden, dass eine proteinarme Diät bei Mäusen die Fett- und Kohlehydrat-Verbrennung und damit den Energieverbrauch steigert. Nach Umstellung auf proteinreduzierte Diät bildeten sich sogar Insulinresistenzen zurück – unabhängig vom Körpergewicht und der Gesamtenergiezufuhr.

Auch bei jungen Freiwilligen senkte eine kurzzeitige proteinarme Ernährung den Insulin- und Blutzuckerspiegel, meldet das DKFZ.

Die Forscher setzten Mäuse auf proteinarme Diät (fünf Prozent der Gesamtkalorien im Vergleich zu 20 Prozent im normalen Mäusefutter). Obwohl die Tiere insgesamt etwas mehr fraßen, nahmen sie langsamer an Gewicht zu als normal gefütterte Artgenossen (J Clin Invest, online 22. August).

Die Forscher ermittelten, dass die Tiere unter proteinarmer Diät ihr Futter um 40 Prozent weniger effizient verwerteten. Sie verbrannten mehr Fett und Kohlehydrate und hatten daher einen gesteigerten Energieverbrauch.

Die im Blut messbaren Stoffwechselwerte verbesserten sich erheblich: Die Tiere hatten niedrigere Insulin-, Cholesterin- und Blutfettspiegel.

Setzten die Wissenschaftler fettleibige Mäuse auf proteinarme Diät, so änderte dies nichts an deren Körpergewicht – dennoch verbesserten sich ihre Blutzucker-Werte. Sogar zuvor bestehende Insulinresistenzen bildeten sich zurück. (eb/mmr)

Link zur Quelle

Aha. Weniger (Nahrungs-)Protein ist also ein probates Mittel, um gesund zu werden. Und, das dürfen wir nicht vergessen, sich (psychisch) krank zu fühlen. Schade, dass Nager nicht mit uns sprechen können.

Aber im Ernst: Wieso nicht ausprobieren, wenn bisher keine Erfolge eingetreten sind? Ich glaube, dass die vegane Ernährung (ob bewusst oder unbewusst) hier ansetzt und viele Veganer deshalb stoffwechselgesund werden.

Würde ich mich zum ersten Mal mit der Materie befassen, käme mir sowas natürlich nicht in den Sinn. Ich würde erst einmal all die anderen Vorschläge umsetzen und eine Extra-Portion Protein obendrauf packen.

Doch wieder einmal zeigt sich, dass auch unorthodoxe Wege ziemlich mächtig sein können.

PS: Hintergründe zu diesem Low-Protein-Phänomen findest du auch in unserem neuen Stoffwechsel-Handbuch.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

2 comments On Zwei Studien, die die Ernährungs-Welt bewegen

  • Vielen Dank für den Artikel. Speziell zu der Sache mit dem
    Protein hatte ich völlig falsche Vorstellungen. Ich dachte dass ohne Fleisch,
    Fisch und Milchprodukte der Mangel schon vorprogrammiert ist. Also hab ich ein
    wenig recherchiert.

    Doch weit gefehlt. Protein ist in vegetarischen
    Lebensmitteln im Verhältnis zu tierischen Lebensmitteln gering wenn man auf den
    Proteingehalt in Gramm blickt. Gurke hat 0,7 Gramm Protein auf 100 Gramm.
    Schaut man aber welchen prozentualen Proteinanteil die Gurke hat bezogen auf
    den Gesamtkaloriengehalt kommt man auf ca.18% (15 Kalorien insgesamt und davon
    2,8 Kalorien Protein auf 100 Gramm Gurke). Spinat kommt sogar auf über 40%
    Prozent. Kartoffeln 18%. Reis 8%. Je nachdem in welche Lebensmitteltabelle man
    guckt.

    Laut Ernährungsempfehlung sollte man 0,8 Gramm Protein pro
    Kilo Körpergewicht zu sich nehmen. Das entspricht etwa 10 bis 12 Prozent des
    Gesamtkalorienbedarfes.

    Da reicht eine vegetarische Ernährung völlig aus.
    Bodybuilder nehme ich jetzt mal aus, wobei es auch vegane Bodybuilder gibt.

    Ich hatte mich vor langer Zeit zwei Jahre vegetarisch
    ernährt und konnte nichts Negatives feststellen. Das Gewicht ging sogar
    deutlich nach unten, was ich aber nicht mit dem Fleischverzicht in Verbindung
    brachte. Vielleicht hatte dieser Effekt aber doch mit dem Verzicht auf Fleisch
    zu tun.

    Vielleicht übertreiben es manche mit der Proteinaufnahme (Ich
    auch) und ich werde in Zukunft die tierischen Produkte deutlich einschränken.

    Versuch macht kluch.

    Sollte ich irgendwo einen Fehler in meinen Überlegungen
    gemacht haben, darf man mich gerne korrigieren.

    • Jo, ich korrigiere mal :) .

      – Auch andere sportlich aktive Menschen profitieren von etwas mehr als 0,8g/kg KG, nicht nur BB.
      – Wenn du gesund sein möchtest, solltest du zudem auf jeden Fall ein Minimum an irgendeiner Art des Krafttrainings machen.
      – Prozentangaben des Proteinanteils am Energiegehalt von Lebensmitteln sind wenig aussagekräftig, weil unser Körper nicht in Prozenten rechnet, sondern Absolutwerte von Proteinen braucht. Im Beispiel der Gurke bräuchtest du also 3 Kilo, um 20 Gramm Eiweiß zu erreichen – der Quark dagegen, der im Tsatsiki mit der Gurke anbandelt, schafft das mit 200 Gramm.
      – Natürlich kannst du trotzdem über vegetarische Produkte deinen Eiweißbedarf decken, wenn auch etwas schwieriger. Dazu helfen dir Tabellen, die den Eiweißwert in Gramm pro 100g angeben.

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