Stoffwechsel beschleunigen in fünf Sekunden: Geht das?

Schlittenhunde (Bild) haben uns etwas voraus. Die haben einen (muskulären) Energiestoffwechsel, von dem manche Wissenschaftler träumen. Könnte man das wenigstens ein bisschen ins menschliche Leben übersetzen? Möglich.

Neulich schickt mir unser Freund Chris Eikelmeier eine Sprachnachricht. Er hätte da einen Klienten. Wie pusht man PGC-1alpha schnellstmöglich und effektiv?

Im Grunde wussten wir beide, dass es nicht die eine Methode gibt. Auch der werte Chris und ich dachten früher mal, man könne einfach irgendwelche Wunderstoffe, z. B. Quercetin oder Curcumin, schlucken und es wird schon.

Theoretisch könnte das klappen. Aber an wem macht man die Studien? Eher selten am Menschen und eher öfter an Ratten oder sonstigen Tieren, um die man sich bestens kümmert. Soll heißen: die Tiere haben ganz bestimmt keinen Magnesium-Mangel, so wie wir immer, weil die alle Mineralien zusätzlich ins Futter kriegen.

Die gehen also mit einem „Körper-System“ an den Start, das bereit ist für solche Spielereien. Abgesehen davon, dass gerade solche Biostoffe im menschlichen Körper anders metabolisiert werden.

Circa gleichzeitig ruft mich Paul von der Paleo Convention an. Wir hatten im Grunde ein sehr gutes Gespräch. Am Ende redeten wir über die Ideen und Gedanken von Jack Kruse. Kurz gefasst: Licht und Wasser sind viel wichtiger als gemeinhin angenommen. Das aber hat letztlich etwas mit unseren Mitochondrien zu tun, weswegen auch Kruse Paper vom Kollegen Sinclair liest — Stichwort NAD.

Unser großes Problem ist, dass wir immer gleich zu viel wollen. Wir tun den zweiten Schritt vor dem ersten. Wir wollen „Experten-Wissen“, obwohl wir nicht mal die Grundlagen beherrschen. Wir wollen Marathon laufen, obwohl wir nicht mal 10 km am Stück schaffen. Wir wollen ein Haus bauen, bevor das Fundament steht.

Ich weiß, dieses Denken ist ungewohnt, weil wir ein Leben lang den Eindruck hatten, dass bei uns immer alles automatisch funktioniert. Im Biologie-Unterricht lernen wir zwar, dass Mitochondrien Energie produzieren. Aber wir hören nie, dass die vielleicht viel zu wenig produzieren. Dass das alles extrem variabel ist. Dass es gesunde und kranke Mitochondrien gibt. Deshalb denken wir nicht eine Sekunde über solche Dinge nach.

Also: Quercetin und Co. werden beim Großteil gar nicht funktionieren. Das weiß ich natürlich, deshalb hol ich soweit aus und schreibe Bücher zu dem Thema. Ich versuche quasi jede einzelne Variable der großen Gleichung zu erklären, damit es jedem einzelnen gelingt, sie in seinem Leben zu nutzen. Deshalb NO, Insulinsensitivität etc.

Eine solche Grundlage ist, dass Magnesium quasi im Alleingang den Energiestoffwechsel ausschalten kann.

Die große Mehrheit der bei der Glykolyse, dem Citrat-Zyklus und der Atmungskette involvierten Enzyme, quasi das Herz des Energiestoffwechsels, ist Magnesium-abhängig …

Wolf, Federica I.; Trapani, Valentina (2008): „Cell (patho)physiology of magnesium“. In: Clinical Science. 114 (1), S. 27-35, DOI: 10.1042/cs20070129.

Deshalb: Die vielen gut gemeinten Ratschläge werden niemals funktionieren, wenn Magnesium fehlt. Selbst das, was wir „Energie“ nennen, ATP, ist an Magnesium gebunden.

Auch hier gilt wieder einmal, dass man „alles richtig machen kann“, solche Stolpersteine werden das Erfolgserlebnis ganz gnadenlos verhindern.

Das Gleiche gilt für die Anzahl der Mitochondrien. Wir wissen ja alle, dass PGC-1alpha mehr Mitochondrien macht. Deshalb wollen wir möglichst oft dieses PGC-1alpha aktivieren. Andere, wie Kruse, gönnen sich z. B. Sonnenbäder — alles das, wird kaum funktionieren, wenn:

Wieso schreibe ich darüber?

  1. Weil es ein Dauerbrenner, weil es essentiell ist!
  2. Weil es nichts wichtigeres gibt, als die Zusammenhänge zu verstehen. (Ganz schwierig zu vermitteln.)
  3. Weil der Sommer kommt und wir viel, viel mehr schwitzen und deshalb viel mehr Magnesium brauchen.

Wer PGC-1alpha verstehen will, muss sich schon Mühe geben. Da reicht es nicht, ein bisschen Quercetin zu schlucken … leider.

Immer wieder kommt die Aussage, dass das alles total verwirre und der Praxisbezug irgendwie fehle. Lustig finde ich dann, wenn rezensiert wird: „Toll, dass man sich gesund ernähren muss, das wusste ich schon lange.“

Ja, was erwarten die Menschen denn? Es ist doch klar: wir sprechen über Millionen Reaktionswege, die gleichzeitig in jeder Sekunde des Lebens ablaufen. Und trotzdem müssen wir, zum Glück, nur schlafen, essen, sporteln … Das Ganze MUSS sich ja herunterbrechen lassen, sonst würden wir doch nicht darüber schreiben. Und es geht eben nur über ein paar Lifestyle-Interventionen. Die aber machen den Unterschied. „Sich gesund ernähren“ oder „sich gesund ernähren“ — das kann ein himmelweiter Unterschied sein.

Mediterrane Ernährung (mit mehr Protein, nenne es Paleo-Plus) + Stressoren (Sport, Kälte, Fasten, Proteinfasten, Kalorienrestriktion, Hitze etc.) + extra Mikronährstoffe 

Das ist die übergeordnete Gleichung. Und dann muss man gucken, was man damit schon Gutes erreicht hat. Beispiel: Homocystein-Wert immer noch zu hoch? Gucken, was da los ist. Wir wissen ja: Homocystein reagiert unser für den Stoffwechsel so wichtiges NO einfach weg. Immer noch übergewichtig? Das ist doof für die Insulinsensitivität. Also: geschickte (hypokalorische) Diät muss her. Und so weiter.

Wer uns also liest, der interessiert sich für das Uhrwerk und bringt die entsprechenden kognitiven Kapazitäten mit. Wer wieder nur hören will, dass Eiweiß wichtig ist und Chili den Stoffwechsel ankurbelt, der begnügt sich mit dem Uhrzeiger. Auch ok.

Fakt ist: Wir nennen nie wieder ein Buch „Stoffwechsel beschleunigen“, weil das zieht nachweislich die falschen Leute an. Wieder was gelernt.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

3 comments On Stoffwechsel beschleunigen in fünf Sekunden: Geht das?

  • Wurde der Magnesiumwert in Serum und Vollblut einmal gemessen?

    2000mg Mg-Citrat ist sehr viel.

    Hohe Mg-Dosen können neben Durchfällen zu Müdigkeit, Verwirrung, Herzklopfen, Blutdruckabfall und Schwächegefühl führen.

    Wie viele Metalle und Elemente kann Mangan neben Eisen, Calcium, Kupfer auch mit Magnesium interagieren.

    Im Zweifelsfall Manganwert im Vollblut bestimmen. Alles andere ist reine Spekulation,da keiner Deine exakten Dosen und deine Transportersysteme im Darm kennt.

    Grüsse

  • Hallo Chris,

    ich habe schon häufig von den Vorteilen von Magnesium gelesen und trinke seit einer Weile täglich einen Beutel Magnesiumcitrat eines bekannten Herstellers (knapp 2000 mg Magnesiumcitrat).

    Jetzt bin ich auf der Seite Vitalstofflexikon auf folgende Wechselwirkung gestoßen:
    „Bei einer Magnesiumsupplementation von etwa 200 mg/Tag ist die Manganresorption erniedrigt [9].“

    Link: http://www.vitalstoff-lexikon.de/index.php?PHPSESSID=k4hu84kdfolqc6u8u73n9mq8o4&activeMenuNr=5&menuSet=1&maincatid=171&subcatid=502&mode=showarticle&artid=901&arttitle=Interaktionen&

    Wie sollte ich mit dieser Information umgehen? Kann zu viel Magnesium (> 200 mg täglich) auf Dauer an anderer Stelle schaden?

    Danke und beste Grüße
    Bastian

    • Hallo Bastian,

      2000 mg Magnesiumcitrat sind rund 300 mg elementares Magnesium (bei Magnesiumtricitrat, bei einer billigeren Form sogar nur 150 mg).

      Wenn du sicher gehen möchtest nimmst du Magnesium am Stück abends kurz vor dem Schlafengehen, mit Abstand zur letzten Mahlzeit. So wird die Aufnahme der beiden Metalle nur gering gegenseitig beeinflusst.

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