Das Kommunikationsproblem

Eine Kommunikation beruht immer auf einem Sender und einem Empfänger. Logischerweise wird der Empfänger danach zu einem Sender, zumindest dann, wenn eine Konversation „normal“ verläuft.

Wir machen nur leider zu oft den Fehler, vorauszusetzen, dass der andere das selbe Denk-Fundament hat, wie wir. Das heißt, dass wir oft einfach davon ausgehen – obwohl offensichtlich nicht der Fall – dass der andere das selbe „Vorwissen“ hat.

Warum eine Kommunikation nur selten „gut“ ausgeht, zumindest wenn es um ernsthafte Argumentationen geht, kann man so erklären:

Als junger Kerl habe ich früher oft ein PC-Spiel gespielt, namens C&C Tiberian Sun. Das war ein Echzeit-Strategiespiel und, damit man das Heer ordentlich steuert, hatte man rechts oben immer eine „Karte“ – man konnte dann sehen, wo man sich denn eigentlich befindet. Das Problem war nur, dass man nur die Bereiche oben auf der Karte sehen konnte, die man selbst schon bereist hat.

Vielleicht hat der Ein oder Andere meine Botschaft bereits verstanden: Auch, wenn man sich das selbst oft nicht bewusst ist, gibt es „sehr viel mehr zu sehen“, als wir das glauben. Das Problem, was sich daraus ergibt ist, dass viele denken „sie wissen bereits alles“, haben aber eher den Horizont, der dem der obigen Karte entspricht.

Alleine daraus ergeben sich etliche, ja fast unüberwindbare Probleme. Mensch, dessen Gehirn Karte 1 benutzt, kann theoretisch gar nicht mit einem Mensch, der Karte 2 benutzt, diskutieren. Diese „Unüberwindbarkeit“ wird meistens „akzeptiert“, wenn ein Laie mit einem Professor redet. Da versteht der Laie, dass der Professor wohl sehr viel mehr zu diesem Thema weiß und wohl auch dann richtig liegt, wenn der Laie glaubt, dass er eine Ahnung hat.

Was passiert aber, wenn es tatsächlich Menschen gibt, die über eine Karte 2 verfügen, aber keinen Titel haben, sondern „ganz normal“ zu sein scheinen? Daraus folgt, dass der Kommunikations-Partner zwangsläufig denkt „Der ist doch so wie ich, also kann er ja nicht so viel mehr wissen“.

Das heißt: Selbst wenn MK2 (Mensch mit Karte 2) versucht seine Meinung, die ja tatsächlich stimmt, irgendwie zu artikulieren, dann wird das MK1 niemals verstehen, denn das, was er von der Karte sieht, ist so klein, dass er das gar nicht verstehen kann – ihm fehlt schlicht das Vorwissen, das „bereits Gedachte“, die Konzepte etc.

Daraus ergeben sich etliche Probleme. MK2 wird verzweifeln, weil er weiß, dass er Recht hat, an MK1, der glaubt, dass er Recht hat oder nicht sehen kann, dass MK2 richtig liegt. Im schlimmsten Fall werden sich beide Teilnehmer der Konversationen beleidigen oder beschimpfen.

MK2 gilt als „der Besserwisser“, auch wenn er schlicht versucht hat, anderen bei der Erkundung der eigenen Karte zu helfen. Denn MK2 weiß ja, wo auf der Karte „Hindernisse“ sind, die man vermeiden kann.

Und genau das ist das Problem: Wenn mir jetzt also jemand die selben Sachen schreibt, die ich vor 5 Jahren gedacht habe, gelebt habe, genau so artikuliert habe, dann weiß derjenige das nicht, aber ich weiß, dass ich in der „Denk-Reihe“ etliche Schritte voraus bin, schon sehr viel mehr von der Karte gesehen habe. Ich weiß, dass mir der Kommunikations-Partner niemals glauben wird, weil er es ja nicht sehen bzw. wissen kann.

Ich kann demjenigen nur leider nicht meine Karte zur Verfügung stellen, kopieren, auch wenn das Dinge oftmals sehr viel einfacher machen würde und sehr Mühe auf beiden Seiten ersparen könnte.

In dieser „Karte“ sind auch Sachen zu sehen, die man ruhig als Differenzierungsfähigkeit beschreiben kann, als grundlegender Sachverstand, als Erkenntnis, dass die Welt sehr viel weniger festgelegt ist, wie wir das immer glauben wollen.

Meine Karte ist mit Sicherheit auch nicht komplett „frei“, so dass ich alles auf der Welt sehen kann. Aber zu Themen, die ich hier artikuliere, habe ich sehr viele „extreme Erfahrungen“.

Mein Anliegen ist, dass du deine Karte selbst erkundest, dir selbst „freischaltest“ – ich möchte dir dabei nur helfen. Fehler vermeiden, nicht Wahrheiten „aufdrücken“.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

9 comments On Das Kommunikationsproblem

  • Hallo Chris,

    diese Erklärung der Problematik anhand vom Beispiel der Spielkarte ist ein genialer Schachzug!

    Meine persönliche Erfahrung ist, dass die Kommunikation mit Leuten, die sich noch nie mit der Problematik auseinandergesetzt haben, oft viel einfacher ist und dass sie eher bereit sind Ratschläge anzunehmen und umzusetzen. Die MK1-Leute sind tatsächlich meistens schwierig zu beraten, weil sie ihren kleinen Kartenausschnitt für die ganze Welt halten.

    Interessant ist auch zu beobachten, wie sich die Beurteilung meiner Kompetenz manchmal schlagartig ändert, sobald ich mein Fachgebiet (Zahnmedizin) verlasse und NEM´s oder Ernährung anspreche. Da fühlen sich die MK1 sehr oft plötzlich mir ebenbürtig oder sogar überlegen. Ich habe damit kein Problem und diskutiere nicht weiter, denn „jeder seines Schicksals Schmied“. In die Karte kommt eine kleine Notiz und gut ist…

    Liebe Grüße und vielen Dank für die vielen Infos! Spannend!

    Zdenka

    • Hallo Zdenka,

      vielen Dank für deine Worte.
      Ich kann deine Ansichten nur bestätigen. Das ist leider tatsächlich so. Beratungsresistenzen ergeben sich genau aus der Tatsache, dass die Menschen „glauben“ sie hätten eine große Karte oder dich so einschätzen, dass du (in diesem Bereich) nur eine kleine Karte hast.

      Auch problematisch wird es, wenn Ärzte die Karten ihrer Patienten als immer klein einschätzen. Dadurch ergibt sich, dass der Patient dem Arzt vertraut, aber der Arzt nie dem Patient – schrecklich.

      Vielen Dank für dein Kommentar.

      LG, Chris

  • Gutes Beispiel! Oft kann sich MK2 vielleicht auch nicht vorstellen, wie klein die Karte von MK1 noch ist und, es gibt immer jemanden, der eine noch größere Karte hat.
    Danke für Deine Arbeit!!

    • Vielen Dank für das Lob Rainer.
      Genau – die eigentliche Schwierigkeit einer Diskussion (bzw. auch wenn jemand etwas erklären möchte) ist, genau diese Punkte zu verstehen und dann auch adäquat zu handeln. Nur – wie bereits beschrieben – gelingt dies nicht immer.

  • Das ist auch wieder so ein Thema… „manche Landkarten passen einfach nicht zusammen“ – sehr wahr. Das wird vor allem dann sehr wahr, je stärker sich der gegangene Weg bzw. die Lebensziele unterscheiden.

  • Kann mich noch gut an meine C&C erinnern ;). Problematisch wirds auch, wenn man jemandem mit z.B. einer Karte von Berlin, einen Weg in München erklären möchte. Manche Landkarten passen einfach nicht zusammen.

  • Hallo Mathias,
    da gebe ich dir Recht, wobei die Größe der Karte auch das Wissen um genau den von dir genannten Fakt einschließen sollte.
    Sonst ist die vermeintlich große Karte auch nicht mehr Wert, als die (vermeintlich) kleine.

    Liebe Grüße,
    Chris

  • Hallo Chris,
    interessanter Ansatz. Problematisch wird es nur, wenn MK2 die Größe der Karte von MK1 falsch einschätzt. Wie so oft in der Geschichte. Nun ja…
    Liebe Grüße,
    Mathias

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