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Ein entscheidendes Prinzip

Die Gesetze des Lebens – und damit die der Biologie – zu studieren, ist extrem spannend.

Dazu soll es heute mal einen kleinen Ausflug geben.

Nur Feedback zählt heute

Schon mal aufgefallen, dass wir uns immer sehr auf Feedback konzentrieren? Das lässt sich am Beispiel der gesunden Ernährung gut darstellen.

Wir essen in einer bestimmten Weise, weil wir davon ausgehen, dass das, was wir erhalten, nämlich z. B. gesundmachende Gene aktivieren (Stichwort Epigenetik/Genexpression), förderlich ist.

Das ist ein klassisches Feedback. Ein bestimmter Input unsererseits sorgt für eine bestimmte Antwort (engl. response) seitens des Organismus.

So gehen wir auch in eine Diät. Wir erwarten, dass ein bestimmter Input (= Kaloriendefizit) eine bestimmte Antwort des Organismus folgen lässt (= Gewichtsverlust). Feedback.

Viele verstehen, dass das in der Praxis so einfach nicht (immer) klappt. Weil es da noch was anderes gibt, das wir zu unserem Vor- oder zu unserem Nachteil nutzen. Nämlich Feedforward.

Feedforward wird vergessen

Die Idee nämlich, dass man z. B. pharmakologisch gesundmachende Gene aktiviert und als Folge ein gesundes Ernährungsverhalten eintritt. Leser, die aufgepasst haben, werden wissen: In der Realität sind Feedback und Feedforward eng verknüpft und lassen so etwas wie Auf- und Abwärtsspiralen entstehen.

Denn: Oft ist es so, dass man mit einer gesunden Ernährung das faule, träge, krankmachende Epigenom auf gesund und sportlich programmiert … und dieses wiederum dafür sorgt, dass wir – quasi von ganz alleine – die richtigen Ernährungsentscheidungen treffen.

Das nennt ein Dr. Strunz z. B. somatische Intelligenz. Also die ureigene Körperintelligenz, die wir via Feedback wachküssen, die uns als Folge via Feedforward gesund hält.

Warum die Diät oft scheitert

Zurück zur Diät. Der Feedback-Ansatz scheitert bei den meisten deshalb, weil es ja einen Grund gibt, warum sie überhaupt dick geworden sind. Viele essen ja nicht bewusst zu viele Kalorien oder wollen zu viele Kalorien essen.

Hier war oft ursprünglich etwas falsch programmiert, was dann im Feedforward dazu geführt hat, dass man dick wird. Gut aufgepasst? Ganz klassisch nämlich ist der Gedanke oder gar der Vorwurf, „Der Dicke isst halt gerne“ – und als Folge ist er eben dick.

Die Antwort soll dann auch im Feedback liegen, nämlich darin, dass „der Dicke halt weniger essen soll“. Dass da ggf. ein Systemfehler vorliegt, der via Feedforward überhaupt erst dazu führt, dass wir dick werden … daran denkt niemand.

Denn das würde wiederum bedeuten, dass man nur über das Umstellen dieses Systemsfehlers ein Feedforward einstellen kann, das uns … ganz automatisch wieder gesünder und ggf. schlanker werden lässt.

Auch ein häufiger Fehler bei Low carb

Viele im typisch modernen Reduktionismus denken den Prozess also nicht von hinten. Sondern sind gefangen in einem stupiden Feedback-System. Sie erkennen nicht, dass man das System häufig umprogrammieren muss, um ganz automatisch einen neuen Zustand zu bekommen. Statt sich mühselig zu einer Systemumstellung zu quälen.

Daher besprechen wir viele Themen in diesem Blog. Zum Beispiel Low carb. Viele Menschen glauben, um ein niedriges Insulin zu haben, sollte man – via Feedback – z. B. die Kohlenhydrate streichen, weil die der Logik nach eine Insulinausschüttung provozieren.

Wohlgemerkt: Die Idee ist insofern gut, als dass von den Vertretern dieses Konzepts ja tatsächlich erkannt wird, dass Feedback, also z. B. klassisches Kalorienzählen, nicht funktioniert – man will also durchaus Feedforward nutzen (= „Kohlenhydrate lassen den Energiestoffwechsel entgleisen“), macht daraus aber leider wieder ein Feedback (= „Wenn Insulin niedrig halten nicht klappt, klappt es mit dem Abnehmen nicht“).

Auf der anderen Seite kann man sich dem Problem eines zu hohen Insulins auch über echtes Feedforward nähern. Denn dann würde man an Insulinsensitivität denken und sich fragen, welche Stellschrauben da wären, die die Insulinsensitivität verschlechtern bzw. deutlich verbessern.

Insulinwerte verbessern durch Feedforward

Das hatten wir bei Instagram.com/edubily mal folgendermaßen dargestellt:

Insulinresistenz
Insulinresistenz

Zu den Feedforward-Faktoren würden beim Thema Insulinsensitivität also zählen:

  • Fehlende Mikronährstoffe (z. B. Chrom)
  • Zu viel Fett im Blut (weil zu dick)
  • Bewegungsmangel
  • Umweltgifte (z. B. Quecksilber aus dem Tunfisch)
  • Zu viel Eisen (Ferritin über 150)
  • Systemische Entzündungen
  • Defekte Zellmembran (z. B. durch Cholin- oder Omega-3-Mangel)
  • Auch Genetik
  • (Kaffee zählt auch dazu)
  • (Zu viele Milchprodukte sind auch ein Thema)

Im schlechtesten Falle wollen sich Menschen via Low carb zum Erfolg (= niedriges Insulin) prügeln, merken aber nicht, dass sie via Feedforward zeitgleich die Insulinsensitivität verschlechtern und sich damit selbst im Wege stehen.

Zum Beispiel dadurch, dass sie nun enorm viel bioaktives Eisen (im Fleisch) oder Quecksilber (aus dem Tunfisch) zu sich nehmen und dadurch ein hohes Insulin bekommen.

Drum merkt ein Lowcarber irgendwann, dass das mit dem Gewichtsverlust oder dem niedrigen Insulin oder der Ketogenkörperbildung nicht mehr ordentlich läuft … und gefangen im Feedback-Denken, wird er noch extremer Kohlenhydrate streichen und auch das letzte bisschen Salatblatt verteufeln.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wenn wir es z. B. via Feedforward, also durch die Modulation der o. g. Faktoren schaffen würden, die Insulinwirkung drastisch zu verbessern, dann hätten wir ein niedrigeres Insulin und eine bessere Fettverbrennung …

und würden als Folge ganz automatisch weniger Kohlenhydrate zu uns nehmen. 

Genau das ist ein Erfolg vom Veganismus, den Leute aus Kreisen der Karnivoren- oder Keto-Szene weder verstehen noch wahrhaben wollen. Die haben stattdessen lieber Albträume von einer Schüssel Reis. Aua!

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

1 comments On Ein entscheidendes Prinzip

  • Zitat: » Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wenn wir es z. B. via Feedforward, also durch die Modulation der o. g. Faktoren schaffen würden, die Insulinwirkung drastisch zu verbessern, dann hätten wir ein niedrigeres Insulin und eine bessere Fettverbrennung …

    und würden als Folge ganz automatisch weniger Kohlenhydrate zu uns nehmen.

    Genau das ist ein Erfolg vom Veganismus, den Leute aus Kreisen der Karnivoren- oder Keto-Szene weder verstehen noch wahrhaben wollen. Die haben stattdessen lieber Albträume von einer Schüssel Reis. Aua! «

    Ich verstehe zwar die Botschaft dahinter (Veganismus = zum Beispiel weniger Eisen = bessere Insulinsensitivität), aber ich hätte jetzt eher vermutet, dass eine vegane Ernährungsweise eher MEHR Kohlehydrate beinhaltet als andere Ernährungsweisen, oder irre ich?

    „Muss“ eine bessere Insulinsensitivität zu einer geringeren Kohlenhydratzufuhr führen? Ich meine, ist eine geringere Kohlenhydratzufuhr ein erstrebenswertes Ziel? Falls ja, was genau ist unter einer „geringen Kohlenhydratzufuhr“ zu verstehen?

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