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Wie wichtig Kupfer wirklich ist

Newsletter vom 10.11.2019

Ein klassisches Beispiel, wie die Verbreitung von fake news zu einer kontraproduktiven Voreingenommenheit führen kann, ist Kupfer. Es gibt Menschen, die haben von Biologie – und alles was dazu gehört – wenig Ahnung, und suchen krampfhaft nach irgendwelchen Faktoren, die krankmachend sind.

Und finden diese Faktoren dann auch überall. Dieses Phänomen kennen wir: Wer einmal einen Wildunfall hatte, sieht die Tage danach auf nächtlicher Fahrt überall Wild am Straßenrand stehen. Wohlgemerkt: Da steht nicht wirklich Wild am Straßenrand, unser Gehirn sieht nur plötzlich überall irgendwelche Schatten, die es zunächst als Wild wahrnimmt.

Also: Da haben wir auf der einen Seite Menschen, die überall Gifte sehen, und dazu gehört natürlich auch Kupfer bzw. der „Kupferüberschuss“. Auf der anderen Seite gibt es Wissenschaftler, die in ihrem Wissenschaftsleben nichts anderes gemacht haben, als die Wirkung von Kupfer auf biologische Systeme zu untersuchen.

Besonders prominent in dieser Hinsicht ist Dr. Leslie Klevay. Schon vor 20 Jahren hat er in einer Arbeit geschrieben, dass die Induktion eines Kupfer-Mangels die einzige Intervention ist, die bei Versuchstieren Herzkreislauferkrankungen auslösen kann, die denen von uns ähneln. Letztes Jahr haben andere Wissenschaftler aus der Abteilung für Präventivkardiologie der University of Missouri-Kansas City in einer Studie erneut darüber berichtet. Die Studie heißt:

Kupfermangel kann eine der Hauptursachen für ischämische Herzerkrankungen sein. 
Die Hintergründe sind vielfältig. Eine suboptimale Kupfer-Versorgung hat einen negativen Einfluss auf die Blutfettwerte, es macht Bluthochdruck und insulinresistent (= hoher Blutzucker). All jene Faktoren begünstigen die Entstehung von Herzkreislauferkrankungen alleine. Doch noch viel wichtiger ist, dass Kupfer Bestandteil von zwei Enzymen ist, die einen positiven Einfluss auf die Gesundheit des Herzkreislaufsystems haben.
  • Die Lysyloxidase ist essentiell wichtig für die Bildung von Bindegewebe bzw. kollagenen Proteinen. Auch unsere Arterien sind darauf angewiesen – sie müssen stabil, aber zeitgleich extrem elastisch sein. Deshalb macht ein Kupfer-Mangel in Versuchstieren auch Aneurysmen.
  • Die Kupfer/Zink-Superoxiddismutase ist ein Enzym, das nur mit ausreichend Kupfer (und Zink) funktioniert. Es fängt freie Radikale ab und schützt so unser Herzkreislaufsystem.

Doch das ist nicht alles. Kupfer ist von großer Bedeutung auch für andere Systeme im Körper:

  • Kupfer wirkt extrem antimikrobiell. Es ist eine der stärksten Waffen des Immunsystems. Schon in der Antike wusste man, wie keimtötend Kupfer wirkt. Lassen wir den Körper an Kupfer verarmen, nehmen wir ihm das Flaggschiff des Immunsystems.
  • Ohne Kupfer ist Eisen im Körper nichts wert! Wann immer ich den Eisenspeicher-Wert von Leuten sehe, frage ich mich, ob die das alles überhaupt mobilisieren können, oder ob das Eisen nur im Speicher versauert.
  • Kupfer ist Teil des wichtigsten Enzymes der Mitochondrien bzw. der mitochondrialen Energieproduktion. Fehlt Kupfer, können unsere Mitochondrien nicht mehr so viel Energie produzieren.

Zu guter Letzt aber der in meinen Augen allerwichtigste Punkt. Kupfer ist Bestandteil eines Enzyms, das sich Peptidylglycin alpha-amidierende Monooxygenase, kurz: PAM, nennt. Dieses Enzym ist wohl eines der wichtigsten Enzyme im Nervensystem – die Hälfte aller Neuropeptide müssen mit Hilfe dieses Enzyms chemisch modifiziert werden.

Unter diesen Neuropeptiden finden sich auch solche, die uns z. B. Schmerz nehmen bzw. uns einen inneren Schalldämpfer installieren. Mit Hilfe einiger dieser Neuropeptide bettet uns unser Gehirn in Watte und macht das Leben erträglicher. Schränkt man die Funktion von PAM bei Versuchstieren ein, werden die ängstlich und nervös.

Obwohl Kupfer nach Eisen und Zink das dritthäufigste Spurenelement im Körper ist, ist es in allen eukaryotischen Lebewesen nur Teil einer kleinen Menge an Enzymen, es sind etwa 25 bekannt. Zum Vergleich: Zink reguliert weit über 200 Enzyme. Aber die Enzyme, die Kupfer reguliert, sind so extrem wichtig, dass kein Zweifel daran besteht, dass Kupfer in der Evolution eine ganz besondere Rolle gespielt haben muss.

Die zwei wichtigsten Stellschrauben des funktionierenden Kupferhaushalts sind Kupfer selbst und Vitamin A. Letzteres sorgt dafür, dass genug Kupfer-Transportschiffe (Ceruloplasmin) in der Leber gebaut werden. Im Nahrungsmittel Leber kommen Vitamin A und Kupfer in größeren Mengen gemeinsam vor. Das heißt, regelmäßig Leber zu essen, kann helfen. Alternativ sollte man überprüfen, ob man täglich auf min. 1 mg Kupfer in der Nahrung kommt (heute leider gar nicht mehr so einfach) – und Vitamin A kann man auch ergänzen.

Das allerwichtigste aber ist, dass die Leber gesund ist und bleibt – eine Fettleber alleine kann den ganzen Kupferhaushalt durcheinander bringen. In der Hinsicht würde ich notfalls sogar mal für ein paar Wochen den Kaffee streichen. Denn Kaffee enthält über tausend Stoffe, wobei eine große Zahl davon direkt auf die Leber wirkt – da Pflanzen sich ursprünglich mit solchen Stoffen verteidigen wollen („plant chemical warfare“), kann das auch nachteilig auf den Mikronährstoffhaushalt wirken. Und mit solchen Stolpersteinen wie Kaffee rechnet man i. d. R. nicht, deshalb merke ich es an.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

11 comments On Wie wichtig Kupfer wirklich ist

  • Hi Chris
    Ich habe vor, meinen Kupferspiegel etwas aufzupeppen, aber nicht mit Supplementen, sondern über die Ernährung. Am liebsten wäre es mir, alle 2 Wochen 100 Gramm Lammleber zu essen (liefert ein paar 1000 ug Kupfer).
    Die Fragen dazu sind aber:
    Kann der Körper auf einmal so viel Kupfer aufnehmen?
    Und verhindert das viele Eisen in der Lammleber nicht die Kupferaufnahme?
    Wäre super, wenn du mir da Antworten dazu hättest, denn im Internet bin ich nach langem Suchen nicht fündig geworden.

    Liebe Grüße
    Nicole

    • Hi Nicole,
      ja das geht. Wieso aber Lamm? Kalbsleber ist am kupferreichsten.
      Nee, Eisen verhindert die Aufnahme nicht, die haben unterschiedliche Transporter im Darm.
      Beste Grüße
      Chris

      • Herzlichen Dank, Chris!
        Lammleber hat für meinen Zweck ausreichend Kupfer, aber ich präferiere sie vor allem, weil sie mir schmeckt und weil der Biometzger nebenan regelmäßig Lammleber anbietet ;-)
        Das mit dem Eisen wird dann wohl überall falsch kommuniziert. Da steht überall, dass Eisen mit Kupfer konkurriert. Aber ich habe mich schon gewundert, da ja gerade die kupferhaltigsten Lebensmittel auch viel Eisen enthalten. Da hätte die Natur was falsch kreiert, was ja eigentlich nie vorkommt.
        Schönes Wochenende dir!

  • Kupfer laut Blutanalyse ok, aber Ceruloplasmin im unteren Bereich, also fast minimum (2 Zähler nach dem Komma drüber). Kann das nur an zuwenig Vit A liegen?

  • Nicht nur als Nährstoff wäre Kupfer wichtig, sondern auch allgemein.
    Prof. Dr. med. Harald Remke im Deutschen Ärzteblatt 2008:
    „In gut geführten Krankenhäusern und Altersheimen mit kupfernen Türklinken gibt es weder Noroviren noch „Hauskeime“. Quelle: https://bit.ly/35fb0Rz

    Ob’s gegen Corona-Viren auch hilft müsste man testen.
    So eine relativ einfache Maßnahme ist wohl zu teuer für Heime und Krankenhäuser und wird deshalb nicht eingesetzt.
    Lieber setzt man auf Chemie und riskiert resistente Keime.

    Ein schönes Wochenende

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