Egal, ob man sich für oder gegen Fleisch entscheidet. Das, was gegeben sein sollte, ist die Pflanzenbasis.
Immer deutlicher wird, dass Pflanzen wahre „Schatzkisten“ sind, die sich öffnen, sobald sie in deinen Körper gelangen.
Eine Sache sollte uns klar sein: Wer mit Evolution argumentiert, der darf nicht nur die letzten 50.000 bis 100.000 Jahre berücksichtigen, sondern muss den Menschen als Hybrid-Primat erkennen. Eine Spezies, die ganz spezielle Anforderungen hat, gleichzeitig auch ganz spezielle Charakteristika zeigt. Vereinfacht ausgedrückt: Ein Herbivore, der Attribute eines Carnivoren entwickelte. Übrigens: Der Hund entwickelte sich genau in die andere Richtung. Weg von nahezu reiner Carnivorie hin zu einer Spezies, die auch vermehrt pflanzliche Kost zuführte, natürlich im Zuge der Co-Evolution mit dem Menschen. Der Hund kann, im Gegensatz zum Wolf, Stärke verdauen.
Wer das so erkennt, dem wird zwangsläufig auffallen, dass es enorm schwer ist, die Ernährung für den Menschen zu definieren. Noch schwerer wird es, wenn wir auch epigenetische Einflüsse berücksichtigen, wobei schon eine Stammeslinie unterschiedliche Anpassungen zeigen könnte, die sich z. B. in gewissen Anfälligkeiten gegenüber Krankheiten äußert. Du siehst: Es ist nicht einfach.
Sicher kann der Mensch recht gut mit pflanzlicher Kost umgehen. Denn nahezu 40 Millionen Jahre Pflanzenkost hinterlässt auch bei uns ihre Spuren.
Vielleicht ist es auch ein Säugetier-Ding … Oder ein Eukaryoten-Ding. Denn selbst primitive eukaryotische Organismen wie Hefen haben gleiche oder sehr ähnliche zelluläre Signalwege. Die Stoffe, die man testet, wirken oft sehr ähnlich, zumindest auf die Zellen.
Nun gut. Auf meinem Schreibtisch steht die Grüntee-Tasse und vor mir liegt die passende Arbeit dazu. Die zeigt:
EGCG, das Polyphenol im Grüntee, wirkt stark anti-katabol auf Muskelzellen.
Die Forscher fanden heraus, dass EGCG auf den Muskel wirkt wie Insulin und IGF, die beiden anabolsten Hormone. Sowohl Insulin, als auch IGF, aktivieren den sogenannten anabolen Signalweg in der Muskelzelle. Das kurbelt nicht nur die Protein-Synthese an, sondern hemmt – ganz wichtig – den Proteinabbau im Muskel, der durch ein Protein namens FOXO mediiert wird.
FOXO baut Muskelprotein ab. Insulin und IGF hemmen das.
Wie bereits besprochen, konnte gezeigt werden, dass EGCG auf FOXO wie Insulin und IGF wirken kann. Das ist nicht nur beeindruckend, das ist … sensationell. Man muss nur mal eben an die vielen Kranken denken, die im Bett liegen und ihre Muskelmasse verlieren. Oder an den Bodybuilder … ui, ui, ui.
Der Punkt ist natürlich auch die Frage: Wie macht EGCG das? EGCG könnte auf FOXO direkt wirken oder … zum Beispiel den anabolen Signalweg anschalten, der auch durch IGF und Insulin angeschaltet wird. Wäre das der Fall, wäre EGCG nicht nur anti-katabol, sondern auch anabol wirkend.
Tatsächlich scheint Grüntee-EGCG auch über den anabolen Signalweg wirken zu können. Neben dieser Tatsache spielt auch das ROS-Signaling eine Rolle und eine direkte Wirkung auf FOXO durch Grüntee – im folgenden schematisch dargestellt.
Grüntee wirkt auf den Muskel
Das war und ist freilich nicht die einzige Arbeit, die aufzeigt, dass Grüntee sehr positiv auf den Muskel wirkt. Da gibt es noch viele weitere. Mich jedoch fasziniert, dass EGCG einen, ja, Hormon-ähnlichen Effekt auf den Muskel hat.
Wichtig ist: In der Arbeit finden wir den Hinweis, dass die Menge, die dafür gebraucht wird, auch die Menge ist, die wir nach EGCG-Konsum in Tier- und Humanstudien finden. Das ist gut. Weniger gut ist, dass die Autoren auch aufzeigen, dass es ein Zuviel gibt. EGCG hat dann katastrophale Auswirkungen auf den Muskel. Das wollen wir natürlich vermeiden.
Ich denke, der Sweet-Spot liegt bei 5 Tassen Grüntee am Tag. Das ist allerdings reine Spekulation.
Quelle:
Wimmer, Robert J.; Russell, Sarah J.; Schneider, Martin F. (2015): „Green tea component EGCG, insulin and IGF-1 promote nuclear efflux of atrophy-associated transcription factor Foxo1 in skeletal muscle fibers“. In: The Journal of Nutritional Biochemistry. 26 (12), S. 1559-1567, DOI: 10.1016/j.jnutbio.2015.07.023.
9 comments On Grüntee wirkt auf den Muskel wie Insulin und IGF
Wenn grüntee wie insulin wirkt, sollte er dann in der fastenphase nicht getrunken werden und nur während der essensphase?
Erwähnen würde ich an dieser Stelle gerne noch die recht hohe Schadstoffbelastung vieler grüner Tees und vermutlich auch vieler derivativer Produkte (Kapseln, Pulver, Extrakte…)
Die Stiftung Warentest hat in ihrem Test im Herbst 2015 insbesondere bei konventionellen Tees teils bedenkliche Werte gefunden.
Deutlich besser schnitten die biologischen Tees ab, wenn auch nicht einwandfrei.
Leider wurden nicht alle bekannten Bio-Tees (insbesondere grössere Marken wie Yogi, Sonnentor, Lebensbaum) getestet.
https://www.test.de/Tee-Einige-gruene-Tees-fuer-die-Gesundheit-auf-Dauer-riskant-4914954-0/
Viele Grüsse!
Fünf Tassen: Immer mit Beutel gerechnet.
Ein Beutel hat 50-100 mg EGCG. 5 Beutel liefern also etwa 250 bis 500 mg EGCG.
Das sind auch die typischen Dosen von Grüntee-Tabletten.
Ergänzt wird das mit meiner Erfahrung bzgl. Dosen in Studien, wo oft gezeigt wird, dass die meisten Effekte in diesem Bereich erreicht werden, oft wird auch einfach von „Tassen“ gesprochen. Daher entnehme ich den Sweetspot.
(Edit: Matcha wirkt um ein vielfaches stärker, hier ist EGCG viel bioverfügbarer.)
Deine Frage zum Androgen-Haushalt habe ich bereits hier in den Kommentaren beantwortet.
Zusätzlich sollte man sich immer darüber im Klaren sein, dass alles seine Vor- und Nachteile hat.
LG, Chris
Wie viel wären diese 5 Tassen Grüntee in Grüntee-Extrakt (Supplement) umgerechnet?
Hi,
siehe bei anderem Kommentar.
LG, Chris
Danke!
gibt es nicht gleichzeitig auch Arbeiten die zeigen, dass Grüntee den Testosteron-Spiegel senken?
Doch, doch.
Aber wenn ich mich entscheiden müsste zwischen metabolischer Entgleisung (was meinen Körper zerstört inkl. meinen Testosteron-Wert) oder ein bisschen weniger Testosteron, dann würde ich mich vermutlich Letzteres entscheiden :-)
Es gilt aber immer noch, dass man am besten nicht von Grüntee „lebt“, sondern ihn nuanciert und bewusst trinkt, natürlich neben einer guten Ernährung etc.
Die Frage ist halt auch, was sind fünf Tassen? Auf die Flüssigkeitsmenge kommt es sicherlich nicht an.
Wir packen in den Filter für eine Tasse zwei Teelöffel Gun Powder oder Sencha (15 – 20 g).
Ein anderer nimmt für eine Tasse einen Fertigbeutel und ist damit bei 2 g pro Tasse.
Und war im Handbuch nicht die Rede von einer Arbeit, bei der 5 Tassen täglich massive Anstiege der Estradiolspiegel verursachten?
Everything we eat both cures and prevents cancer, kommt mir da wieder in den Sinn.