2560px Dresdner Journal 1906 002 Lebertran

Im Winter mehr Vitamin A – und D!

Alle Jahre wieder gibt es zumindest bei mir, Chris, das Phänomen, dass es im Spätjahr einen speziellen Heißhunger auf Fisch gibt. Woher kommt der? Das kann viele Ursachen haben. Zum Beispiel, dass der Körper die Zellmembranen, die im Wesentlichen aus Fettsäuren bestehen, fluide halten will. Denn: Kälte macht die Membranen steifer. Für wechselwarme Tiere, etwa dem Fisch im kalten Gewässer, ist das besonders relevant. Drum lagern die einen hohen Anteil von beispielsweise Omega-3-Fettsäuren ein.

Diese Fettsäuren halten die Zellmembranen aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften beweglich und damit funktionsfähig. Näher erklärt hatten wir dies hier. Fettfisch ist für uns daher die beste Omega-3-Quelle. Möglicherweise versucht auch unser Körper, die Zell- aber auch die Mitochondrien-Membranen (Mitochondrien = Kraftwerke der Zellen) beweglicher und damit funktionsfähiger zu halten. Eine Möglichkeit.

Was viele Menschen allerdings nicht wissen, ist, dass zumindest Fettfisch auch die wohl beste Vitamin-D-Quelle unserer Nahrung ist. Kaum wird es im Spätjahr „dunkel“, sprich die UV-Exposition nimmt dramatisch ab, bilden wir kaum oder kein Vitamin D mehr in der Haut. Zeitgleich steigt die D-Mangel-Versorgung sprunghaft an. Der Körper möchte dies wohl ausgleichen und sucht sich instinktiv die beste D-Quelle – (Fett-)Fisch.

So enthält Wildlachs bis zu 1000 IE pro 100 g. Damit würde sich zumindest ein Mangel zuverlässig verhindern lassen. In der Tat zeigen Studien immer wieder, dass Populationen, die viel Fisch essen, „Outlier“ sind, wenn es um die schlechte Vitamin-D-Versorgung im Winter geht. Vor allem Skandinavien schlägt sich diesbezüglich immer besonders gut. In Norwegen wird Lebertran von Gesundheitsbehörden empfohlen – und zwar seit 60 Jahren. Mehr als ein Drittel der ganzen Bevölkerung hält sich dran und ungefähr die Hälfte der älteren Bevölkerung schluckt es.

Und das wirkte magisch, zumindest, wenn man einer norwegischen Studien glauben darf. Man halte sich fest: Nimmt man während der Jugend Lebertran ein, verringert sich das Risiko an Multiple Sklerose zu erkranken um über 30 %. Es wurde eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung festgestellt – haut man sich 60 (!) Teelöffel des Öls pro Monat rein, was einer täglichen Dosis von schätzungsweise 600 bis 2000 IE Vitamin D entspricht (je nach Marke), sinkt das Risiko sogar um sage und schreibe 50 %.

Jetzt kommt der Punkt: In Lebertran ist bekanntermaßen nicht nur Vitamin D enthalten, sondern auch Omega 3 und vor allem Vitamin A. In Deutschland herrscht zunehmend die abstruse Vorstellung, dass Vitamin A, also echtes, tierisches Retinol, was ganz Schlimmes ist. Muss man sich mal vorstellen: Viele Schwangere fürchten sich davor, obwohl Vitamin A doch so wichtig für die Zelldifferenzierung des Embryos ist, aus Vitamin A ja ein Hormon (Retinsäure) wird. Wir in Deutschland sind nicht nur ein Omega-3-Mangel-Gebiet, sondern auch ein Vitamin-D- und Vitamin-A-Mangel-Land.

Besonders ärgern dürfte dies die Frostbeulen unter uns. Denn im Winter mobilisiert der Körper seine Vitamin-A-Speicher. Er transportiert das Vitamin A zum Fett- aber auch zum Muskelgewebe. Dort aktiviert es bestimmte Proteine, die in Mitochondrien sitzen – diese Proteine, s. g. Uncoupling-Proteine, „entkoppeln“ die Energiegewinnung in den Mitochondrien. Das heißt, dass Energie aus der Nahrung oder dem Hüftspeck zu Wärme umgesetzt wird. Man verheizt also wörtlich den Hüftspeck, sogar im Speck selbst. Das Phänomen nennt sich „Bräunung“ des Fettgewebes. Das Fettgewebe wird metabolisch so umprogrammiert, dass es im Winter eher einem Muskel gleicht. Mehr zu diesem Thema hier.

vitamin a thermogenese
Wenn’s kalt wird, mobilisiert der Körper sein Vitamin A aus den Speichern in der Leber und transportiert es beispielsweise zum „weißen“ Fett, das Speicherfett. Dort angekommen kurbelt es die Expression von Genen an, die dafür sorgen, dass das Fettgewebe stoffwechselaktiv wird und Fette verbrennt – das Fettgewebe wird dann zum Wärmeproduzent im Körper und verheizt Hüftspeck. (Quelle

So. Damit wir den Kreis jetzt schließen, brauchen wir noch eine wichtige Information. Vitamin A und Vitamin D wirken im Körper immer zusammen. Damit Vitamin A richtig wirken kann, braucht es Vitamin D – und umgekehrt. Im Winter haben wir von beiden Vitaminen, zumindest über die Nahrung, einen Mehrbedarf. Die Sonne deckt den Vitamin-D-Bedarf nicht mehr und die Kälte lässt den Vitamin-A-Umsatz massiv steigen. Daher wussten unsere Vorfahren, weiß unser Körper wohl, dass Fisch und Fischleber, das ganz nebenbei decken könnten. Glücklicherweise brauchen wir Modernen keinen Fisch zu essen, um den Bedarf zu decken. Es gibt ja heutzutage Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine in Reinform ;-)

In jedem Fall brauchen wir im Winter … mehr Omega 3, mehr Vitamin D und mehr Vitamin A. Jetzt sofort. Entweder über die Nahrung (Fisch, Leber usw.) oder über NEM.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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