Raus aus der Zinklosigkeit

Was können wir von Mikronährstoffen erwarten? Das ist die Frage, die ich mir täglich stelle.

Die Antwort ist meistens verblüffend, manchmal ernüchternd. Verblüffend wäre für mich zum Beispiel folgende Aussage:

Adding the zinc ionophore pyrithione at reperfusion improved myocardial recovery up to 100% and reduced the incidence of arrhythmias more than 2-fold.

(Karagulova et al., 2007)

Das versteht vielleicht der ein oder andere nicht: Wenn du einen Herzinfarkt hast, dann ist die Durchblutung am Herzen gestört. Wird die verstopfte Arterie jedoch wieder frei, dann wird das Herz auch wieder mit Blut versorgt. Das Problem an der Sache ist, dass genau diese „Reperfusion“ Schäden anrichtet.

Gibt man vorher Zink dazu, dann erholt sich das Herz bis zu 100%. 

Dies geschieht mit Hilfe eines körpereigenen Antioxidans namens Metallothionein, einem zinkhaltigen Protein. Es liegt also nahe, dass dieses Protein dann in hoher Konzentration vorliegt, wenn auch Zink in hoher Konzentration vorliegt.

Metallothionein kann aber noch mehr:

Diabetes (und späte Stadien der Insulinresistenz) sorgen dafür, dass zu viele Fettsäuren im Herzen einlagern, gleichzeitig haben wir aber auch einen hohen Glukose-Spiegel im Blut. Das wird früher oder später in einer myokardialen Dysfunktion resultieren, auch Kardiomyopathy oder Herzinsuffizienz genannt.

Cell survival rate was significantly decreased for cells exposed to HG/FFA (Anm.: viel Zucker/viel Fettsäuren) but did not change for cells exposed to HG/FFA and pretreated with zinc or low-dose cadmium, each of which induces significant MT synthesis.

(Wang et al., 2006)

Kurz: Viel Zucker und viel Fettsäuren gleichzeitig, lässt Herzzellen absterben. Dieser Prozess wird komplett verhindert durch Zugabe von Zink, das – wie beschrieben – die Metallothionein-Konzentration (MT) erhöht.

Aber ich weiß. Viele von euch interessieren sich nicht für so Banalitäten. Viel wichtiger ist doch die Frage, was kann Zink für mich heute, jetzt, tun?

Wie meiner Twitter-Seite zu entnehmen, wirkt Zink „insulin-ähnlich“, sorgt also dafür, dass Glukose in die Zelle kommt, aber eben ohne Insulin dafür zu benötigen (Sun et al., 2014). Das passiert über den – ganz wichtig – Pi3k/Akt-Signalweg, also den anabolen Signalweg.

Daraus ergeben sich viele weitere „Resultate“:

Resultate, die einen staunen lassen, findet man bei Afkhami (2008).

  • 40% weniger Triglyceride,
  • 22% weniger Cholesterin gesamt,
  • 35% weniger LDL

… nach 12-wöchiger „Zink-Kur“ mit 660mg (!) Zinksulfat. Ist das praktisch? Eher nicht.

Wir müssen allerdings sehen, dass mit steigender Einnahme, auch steigend ausgeschieden wird – das heißt, dass der Körper von diesen 660mg deutlich weniger behalten hat. Weiterhin handelt es sich hierbei um ein Sulfat – was wäre denn passiert mit Gluconat oder Picolinat?

Der Autor schreibt, dass Resultate immer dann zu sehen waren, bei Zink-Konzentrationen um 100mg. Das kann ich so nicht bestätigen, ich habe schon gute Resultate gesehen mit deutlich niedrigeren Dosen.

Es kommt eben auf den Zink-Spiegel im Blut an. Mit einem Zink-Wert der deutlich über 1 (1,3 – 1,4 – 1,5) liegt, gewinnt man in allen Fällen. Im Schnitt kann man Verbesserungen sehen, die sich bezogen auf Insulin, Triglyceride etc. im Bereich von 20-25% bewegen – ohne Mega-Dosen.

Zink also… macht anabol (Pi3k/Akt), schützt das Herz effektiv und verbessert womöglich sämtliche Stoffwechsel-Parameter. Mehr kann man von einem Mikronährstoff wirklich nicht verlangen.

Referenzen

Afkhami-Ardekani, Mohammad et al. „Effect of zinc sulfate supplementation on lipid and glucose in type 2 diabetic patients.“ Pak J Nutr 7.4 (2008): 550-3.

Karagulova, Gulnura et al. „Protective role of intracellular zinc in myocardial ischemia/reperfusion is associated with preservation of protein kinase C isoforms.“ Journal of Pharmacology and Experimental Therapeutics 321.2 (2007): 517-525.

Sun, Weixia et al. „Zinc rescue of Akt2 gene deletion-linked murine cardiac dysfunction and pathological changes is metallothionein-dependent.“ Journal of molecular and cellular cardiology (2014).

Wang, Jianxun et al. „Cardiac metallothionein induction plays the major role in the prevention of diabetic cardiomyopathy by zinc supplementation.“ Circulation 113.4 (2006): 544-554.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

17 comments On Raus aus der Zinklosigkeit

  • EIne hohe Zinkaufnahme reduziert nicht nur die Aufnahme von Kupfer, sondern auch von Chrom. Also aufgepasst! In den 2PD ist Chrom hochdosiert enthalten, stelllt also ken echtes Problem dar. Aber eine „gesunde Mischkost“ mit exzessiv Zink zu kombinieren könnte bei Chrom in die Hose (oder in die stärkere Insulinresistenz) gehen.,..

    • Genau – deshalb: Nichts chronisch und vor allem: messen!

      Bei mir jedenfalls passiert bis 150mg nichts mit Kupfer und Chrom! Aber das ist sehr variabel von Person zu Person.

  • Um Kupfer muss man sich auch bei 50mg+ nicht sorgen?

  • Ja und im Vollblut sind die Referenzwerte 4-8mg/L.

  • Hab nochmal nachgeschaut. Mein Zink im Vollblut: 6mg/L

  • Lest meinen Beitrag!
    Mghell hat anfänglich die Einheiten falsch angegeben. Mghell müsste 1,4mg/L haben, nicht /dl.

    Wenn du, Michael, einen Wert hast von 932mcg/L, dann ist das 0,932mg/L, denn 1mg = 1000mcg.

  • 932ug=0,932mg
    0,932mg/dl , ich denke, dass ist dein Wert. Bei ug/l müsste man den x10 nehmen, also 9mg/dl. Der Wert ist nicht realistisch….

  • Also die Einheiten werden entweder angegeben in:
    – mcg/dL
    – mg/L

    Das heißt, dass 932 mcg/dL = 0,9 mg/L sind.

    Mein Wert liegt immer über 1 (außer ich hatte gerade einen Infekt).

  • Dazu habe ich eine Frage,
    eure Zinkwerte werden in mg/dl angegeben. Ich habe eine Wert von 932µg/l (zink im Serum) wie ist der dann zu bewerten????
    Gruß
    Michael

  • Wie hoch ist Dein Wert wenn ich fragen darf? Meiner ist bei 0,61 (habe 2 Monate lang 50mg/Tag genommen)

  • Vielen Dank für die Grafik! Die ist tatsächlich sehr gut.
    Aber … lustig: Dort fängt Zink tatsächlich erst bei 0,9 mg/l an. Die Amerikaner… :-)

  • Chris,

    Ich fühl mich Wohl mit meinem Selenwert. Nur die meisten (wenn nicht alle) Ärzte würden ausflippen bei einem Zinkwert der doppelt so hoch ist wie der deutsche maximale Normwert…und meine Ärztin steht der Supplementierung im Vergleich zu den allermeisten anderen Ärzten aufgeschlossen gegenüber :-)

    PS: Kennst Du die graphische Darstellung der Referenz-Blutwerte auf dieser Seite? Sehr schön dargestellt! Hab’s mir runtergeladen….dort geht Zn tatsächlich sogar bis über 1,5

    LG

    Max

  • 1,4 mg/dl Zink? Das wäre das doppelte vom Maximalwert des Normbereichs. Mein Selenwert ist bei 216 ug/l, also 50% erhöht (Maximalwert Normbereich 150) und meine Ärztin hat mich mit höchster Dringlichkeit darauf hingewiesen, dass ich mir damit nichts Gutes tue….

    • Hallo,

      das stimmt so nicht. Der Referenzbereich erstreckt sich i.d.R. von 0,5 – 1,5 mg/l.
      Und dein Selen-Wert wird auch nur in Deutschland so beäugt. Ein Selen-Wert von 200 ug/L ist absolut vertretbar.
      Seit wann vertrauen wir denn Ärzte, wenn es um Referenzbereiche von Mikronährstoffen geht? Wie oft kommt denn jemand mit so einem Selen-Wert in die Arzt-Praxis? …

      LG, Chris

Leave a Antwort:

Your email address will not be published.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .