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Der Veganer-Hack gegen Diabetes

Ja, ja. Bei solchen Überschriften klickt wieder jeder. Veganismus ist in und „Hack“ klingt sowieso immer nach Abkürzung und Insiderwissen – also her mit den Infos. Die gute Nachricht: Bei uns liest man selten Quatsch, also wird auch dieser Artikel informativ sein und für mein Empfinden ist das wirklich ein Hack ;-)

Diabetes to go – Abhilfe bekannt?

Immer wieder fällt mir auf, dass vor allem Männer im mittleren Alter, so ab 40, Diabetes bekommen. Da stellt man sich schon die eine oder andere Frage. Vor allem, weil die eigentlich nicht aussehen wie die personifizierte Stoffwechselfehlfunktion. Wieso kriegen wir hierzulande überhaupt so viele Diabetiker?

Nun gibt es interessanterweise ja prinzipiell zwei Lager, deren Lösungsansätze zu funktionieren scheinen:

  • „Iss nie wieder Kohlenhydrate, weil ein hoher Kohlenhydrat-Spiegel im Blut bringt dich um“ aka Low-carb.
  • „Iss nie wieder Tiere und Tierprodukte, weil du auch nicht dein Haustier essen würdest und von Soja-Schnitzel noch nie jemand stoffwechselkrank wurde“ aka Veganismus.

Was fällt auf? Genau. Man fragt sich, ob man sich noch irgendwie ausgewogen ernähren darf, ohne direkt zu sterben. Also eine Mitte scheint es nicht mehr zu geben. Dabei sollte jedem Verfechter ja einleuchten, dass der Körper sich herzlich wenig für Low carb oder Veganismus interessiert. Den interessieren die Mechanismen. Also, die (Stoffwechsel-)Prinzipien dahinter entscheiden.

Eisen + Kohlenhydrate – Kupfer = Giftcocktail

Kommen wir nochmal zurück zu den Mitte-40-Diabetikern. Wenn so einer mit dem dicken Porterhouse-Steak beim Grillabend vor einem sitzt, schießen einem Gedanken durch den Kopf. Dafür kann man (ich) nix. Da fragt man sich natürlich, was kommt da jetzt noch so auf den Teller?

Die Antwort ist meistens: Genauso dicke Baguette-Scheiben, Kartoffelsalat und das Bier nebendran. Weißt du, was das ist? Das in Kombination ein Giftcocktail. Ich weiß, diese Wörter will niemand hören, aber vielleicht stimmt’s ja.

Denn was diese Herren nicht wissen: Sie geben sich gerade sehr viel Mühe, den Kohlenhydratstoffwechsel auszubremsen oder auszuschalten, essen zeitgleich aber massig Kohlenhydrate. Das in Kombination ist pures Stoffwechselgift.

Ein kleines Geheimnis. Das geht so nicht zusammen. Denn, viel Eisen im Körper – und mit Hämeisen aus dem roten Fleisch kann man sich damit druckbetanken – hat an vielen Stellen einen nicht ganz so passablen Einfluss auf den Kohlenhydratstoffwechsel:

  • Eisen kurbelt die Gluconeogenese, sprich die Zuckerneubildung in der Leber an. Eine gesteigerte Gluconeogenese ist ein „Hallmark“ bei der Entstehung von Diabetes, denn damit pumpt man konstant Zucker in den Blutkreislauf, obwohl die Leber ihn aufnehmen sollte, damit er sinkt.
  • Eisen erhöht die Insulin-Ausschüttung – so nebenbei. Schwimmt um die Bauchspeicheldrüse viel Eisen rum, schüttet die deutlich mehr Insulin aus, auch konstant und „einfach so“. In späteren Phasen verschlechtert Eisen die Insulin-Ausschüttung.
  • Eisen verschlechtert die Glukose-Aufnahme in beispielsweise Muskelzellen und verschlechtert damit die Insulin-Wirkung. Viel Eisen in der Zelle macht also insulinresistent(er).

Das ist auch schon alles. Die zweite bzw. dritte Zutat kommt noch gratis obendrauf: Unsere westliche Ernährung ist relativ arm an Kupfer. Kupfer aber hält Eisen im Körper mobil und schützt die Zellen vor den negativen Effekten von Eisen. Wenn jetzt also noch zu wenig Kupfer im Körper ist, haut man die volle Packung drauf – oft mit ungutem Ausgang.

Pflanzenfresser sind besser dran – und stoffwechselgesünder

Veganer und Vegetarier wiederum zeigen in quasi jeder Studie eine bessere Stoffwechselgesundheit. Das hängt nicht nur mit einem gut geführten Lebensstil allgemein zusammen. Dahinter steckt ein Stoffwechselprinzip.

Denn schon lange weiß man: Man kann das Insulin von einem „Allesfresser“ auf das Level eines Veganers bzw. Vegetariers bringen, und zwar dadurch, dass man ihn zur Blutspende schickt und damit Eisen aus dem Körper pumpt (Hua et al. 2001). Ein weiteres Qed gibt’s von Blutspendern (Fernández-Real et al. 2005).

sciencedaily insulinresistenz eisen
Sogar Sciencedaily weiß Bescheid. ;-) (Klick)

Und glücklich wie Pflanzenfresser sind: Die kriegen durch die ganzen Bohnen, Nüsse, Samen und Co. auch noch eine Extraportion Kupfer und halten das Eisen im Körper schön mobil. Das Resultat ist, dass es keine Eisen-Toxizität im Körper gibt und man sich dieses Kapitel sparen kann. Daher bekommen diese Menschen eher keinen Diabetes. Das ist auch schon alles. 

Fast alles: In der typisch westlichen Ernährung kommt noch ein anderes Spurenelement zu kurz. Nämlich Mangan. Auch das findet sich vorwiegend in Nüssen, Samen, Getreiden und Pflanzen allgemein. Mangan wiederum ist Teil der Mangan-Superoxiddismutase – ein kraftvolles Enzym, das die Mitochondrien vor Schäden durch freie Radikale schützt.

Eisen kurbelt die Radikalenbildung über die s. g. Fenton-Reaktion an, weswegen Mangan in dieser Hinsicht der klassische „Gegenspieler“ zu Eisen im Mitochondrium ist. Viel Mangan schützt in Studien die Bauchspeicheldrüse, schützt dadurch vor Diabetes (Lee et al. 2013). Und Mangan im Muskel hemmt Insulinresistenz

Warum Veganismus und Co. immer noch keine Lösung ist

Weil ich weiß, dass Menschen nicht differenzieren und abstrahieren können, will ich es noch einmal gesagt haben. Eisen ist extrem wertvoll – und kommt in rein pflanzlichen Ernährungsformen oft zu kurz. Der Eisenspeicher soll nicht übervoll sein, aber auch nicht leer. Leider zeigen Studien immer wieder, dass gerade Veganer sehr, sehr niedrige Eisenspeicher-, sprich Ferritin-Werte haben. Das ist zu niedrig.

Denn zum einen ist Eisen an allem beteiligt, wovon wir träumen. Zum anderen darf Eisen in der Zelle nicht zu stark abfallen, weil sonst die Mitochondrien nicht funktionieren, was unweigerlich dazu führen wird, dass der Energiestoffwechsel nicht funktioniert, wie er soll – das wäre dann zu wenig des Guten.

Fleisch und Co. liefern zudem extrem wichtige Stoffe, die ein Energiestoffwechsel auch braucht, damit er gut funktioniert, sprich damit wir vor Insulinresistenz, Diabetes etc. geschützt sind:

Das sind die klassischen meat-based bioactive compounds, die es quasi nur im Fleisch gibt, also auch in unserem. Studien zeigen immer wieder, dass Pflanzenköstler damit nicht gut versorgt sind. Die brauchen mehr Fisch (Taurin), mal ein gutes Stück rotes Fleisch (Carnitin, Carnosin, Kreatin), das eine oder andere Ei (Cholin) oder ein Stück Leber (Vitamin A, Cholin).

Der Trick ist also, ggf. eher mal Geflügel und Fisch zu essen statt Porterhouse-Steak und Schweinerücken. Nothing new: Das sagen epidemiologische Studien auch erst seit Jahrzehnten… 

Die Zusammenfassung

Damit es noch ein bisschen eingängiger wird, gibt’s sogar noch eine Abbildung von uns obendrauf:

Eisenueberschuss Diabetes
A: Eine Ernährung, die sehr viel hoch bioverfügbares Eisen bereitstellt kann Zellen zügig mit Eisen überladen. Ein hoher Eisenspeicher korreliert dann mit der Menge des freien Eisens in den Zellen. Das wiederum verschlechtert die Insulin-Wirkung, erhöht zunächst die Insulin-Ausschüttung und lässt den Blutzucker durch eine gesteigerte Gluconeogenese ansteigen. Die Folge ist eine Insulinresistenz. Vermittelt werden viele dieser Effekte dadurch, dass Eisen über die Fenton-Reaktion die Zellen oxidiert. B: In einem Setting mit hohem Kupfer- und einem niedrigeren Eisengehalt in der Nahrung landet weniger freies Eisen in den Zellen, der Gesamtgehalt des Körpers sinkt. Zudem sorgt Kupfer als Teil s. g. Ferroxidasen dafür, dass freies Eisen mobil bleibt und sich nicht in Zellen anreichert. Auf diese Weise machen pflanzliche Ernährungsformen eine bessere Insulinsensitivität und damit eine bessere Stoffwechselgesundheit.

Weiterführende Blog-Links zum Thema

Referenzen

Cheng, K., Ho, K., Stokes, R., Scott, C., Lau, S., & Hawthorne, W. et al. (2010). Hypoxia-inducible factor-1α regulates β cell function in mouse and human islets. Journal Of Clinical Investigation, 120(6), 2171-2183. doi: 10.1172/jci35846

Cooksey, R., Jones, D., Gabrielsen, S., Huang, J., Simcox, J., & Luo, B. et al. (2010). Dietary iron restriction or iron chelation protects from diabetes and loss of β-cell function in the obese (ob/ob lep−/−) mouse. American Journal Of Physiology-Endocrinology And Metabolism, 298(6), E1236-E1243.

Dongiovanni, P., Valenti, L., Ludovica Fracanzani, A., Gatti, S., Cairo, G., & Fargion, S. (2008). Iron Depletion by Deferoxamine Up-Regulates Glucose Uptake and Insulin Signaling in Hepatoma Cells and in Rat Liver. The American Journal Of Pathology, 172(3), 738-747.

Fargion, S. et al. (2005). Iron and insulin resistance. Alimentary Pharmacology And Therapeutics, 22(s2), 61-63.

Fernandez-Real, J., Lopez-Bermejo, A., & Ricart, W. (2002). Cross-Talk Between Iron Metabolism and Diabetes. Diabetes, 51(8), 2348-2354.

Fernández-Real, J., López-Bermejo, A., & Ricart, W. (2005). Iron Stores, Blood Donation, and Insulin Sensitivity and Secretion. Clinical Chemistry, 51(7), 1201-1205.

Fernández-Real, J., McClain, D., & Manco, M. (2015). Mechanisms Linking Glucose Homeostasis and Iron Metabolism Toward the Onset and Progression of Type 2 Diabetes. Diabetes Care, 38(11), 2169-2176.

Hansen, J., Moen, I., & Mandrup-Poulsen, T. (2014). Iron: the hard player in diabetes pathophysiology. Acta Physiologica, 210(4), 717-732.

Hua, N., Stoohs, R., & Facchini, F. (2001). Low iron status and enhanced insulin sensitivity in lacto-ovo vegetarians. British Journal Of Nutrition, 86(4), 515-519.

Jahng, J., Alsaadi, R., Palanivel, R., Song, E., Hipolito, V., & Sung, H. et al. (2019). Iron overload inhibits late stage autophagic flux leading to insulin resistance. EMBO Reports, 20(10).

Lee, S., Jouihan, H., Cooksey, R., Jones, D., Kim, H., Winge, D., & McClain, D. (2013). Manganese Supplementation Protects Against Diet-Induced Diabetes in Wild Type Mice by Enhancing Insulin Secretion. Endocrinology, 154(3), 1029-1038.

Liu, Q., Sun, L., Tan, Y., Wang, G., Lin, X., & Cai, L. (2009). Role of Iron Deficiency and Overload in the Pathogenesis of Diabetes and Diabetic Complications. Current Medicinal Chemistry, 16(1), 113-129.

Mascitelli, L., & Goldstein, M. (2013). Might some of the beneficial effects of the Mediterranean diet on non-alcoholic fatty liver disease be mediated by reduced iron stores?. Journal Of Hepatology, 59(3), 639.

Rajpathak, S., Crandall, J., Wylie-Rosett, J., Kabat, G., Rohan, T., & Hu, F. (2009). The role of iron in type 2 diabetes in humans. Biochimica Et Biophysica Acta (BBA) – General Subjects, 1790(7), 671-681.

Simcox, J., & McClain, D. (2013). Iron and Diabetes Risk. Cell Metabolism, 17(3), 329-341.

Valenti, L., Fracanzani, A., Dongiovanni, P., Bugianesi, E., Marchesini, G., & Manzini, P. et al. (2007). Iron Depletion by Phlebotomy Improves Insulin Resistance in Patients With Nonalcoholic Fatty Liver Disease and Hyperferritinemia: Evidence from a Case-Control Study. The American Journal Of Gastroenterology, 102(6), 1251-1258.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

8 comments On Der Veganer-Hack gegen Diabetes

  • Der Artikel bestätigt meine eigenen Erfahrungen. In der Vergangenheit konnte ich immer wieder beobachten, dass mich die Kombi aus roten Fleisch + Kohlenhydrate regelrecht „ausgeknocked“ und ich mich danach platt fühle. Dabei war das Ganze unabhängig vom Verarbeitungsgrad und Fettgehalt des Fleischs, sowie der gewählten Kohlenhydratquelle.

    Ich schließe für mich daraus, dass die Abgeschlagenheit nach dem Essen aufgrund der schlechten Insulin-Wirkung Eintritt (könnte man hier bereits von einer vorübergehenden, bzw. physiologischen Insulinresistenz sprechen?).

    Weitere takehome Message für mich ist, dass Reis + Steak grundsätzlich nicht das beste Post Workout Meal ist.

    • Danke für deinen Kommentar. Habe ähnliche Erfahrungen gemacht. Grundsätzlich bestätigt das ja auch eine alte Bodybuilder-Weisheit: Reis und Pute/Huhn für die Diät. :-)

      • Für einen Laien:
        also mageres fleisch und stärke (kein gluten) oder fettes fleisch mit gemüse ohne stärke
        ist das so gemeint?

        also am ehesten Trennkost, korrekt?!

        D.h. der Dünne kann reis und hühnchen machen und der dicke aber eher fettes fleisch oder mageres mit grünem gemüse, da eh schon ferritin da ist vermutlich

        korrekt??

  • Danke für den informativen Artikel!!!
    Bringt es eurer Meining nach etwas Kupfer und Mangan täglich mit 1mg Kupfer, 2 mg Mangang zu supplementieren?
    Hilft hier mehr mehr? Ab welcher Menge überwiegt der Nutzen dem Risiko nicht mehr?

    VG Monir

    • Ja klar, das bringt sicher was. Bei Kupfer würde ich aber mit 0,5 mg starten und Mangan bei 2 mg passt.

      Aber man kann auch einfach mal ne Hand voll „Studentenfutter“ reinhauen. Vor allem im Sultaninen/Rosinen ist viel Kupfer enthalten.

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