Fasten-Modus – Schilddrüse und Leptin

Wir haben irgendwie eine falsche Vorstellung vom „Fasten-Modus“. Wir glauben, das muss immer zwangsläufig einhergehen mit Lethargie etc.

Immer diese falschen Vorstellung. Was kostet mich das jedes mal Nerven, wenn ich alles jedem immer aufs Neue erklären muss und ich feststelle, dass heutzutage niemand so richtig eine Ahnung hat – aber Hauptsache eine ketogene Diät praktizieren. Meister der Kohlenhydrat-Hetze, aber keinen Durchblick haben bezogen auf den Fettstoffwechsel.

Ich möchte kurz den god father der Protein-Diäten zitieren, einer der an seiner low carb Diät festhält, wie kein anderer: Dr. Eades, ein amerikanischer Arzt.

If you read any medical school biochemistry textbook, you’ll find a section devoted to what happens metabolically during starvation. If you read these sections with a knowing eye, you’ll realize that everything discussed as happening during starvation happens during carbohydrate restriction as well. There have been a few papers published recently showing the same thing: the metabolism of carb restriction = the metabolism of starvation

Der letzte Satz fasst das zuvor Gesagte perfekt zusammen: Kohlenhydrat-Restriktion = Fasten-Stoffwechsel.

Und diesen Fasten-Stoffwechsel kann man messen. Das heißt dann „respiratorischer Quotient“. RQ von 0,7 = reine Fettverbrennung.

Sowohl während ketogenen Diäten, als auch beim Fasten, sinkt der RQ auf 0,7.

Viele von euch leben ja noch im Mittelalter und erkennen die Zusammenhänge nicht, verstehen überhaupt nicht, wie der Körper seine Entscheidungen trifft. Der Körper sagt sich nicht „Oh schön, wir brauchen 2400 Kalorien und heute haben wir 2401 gegessen, also ist alles ok“ – Nein! Der Körper entscheidet anhand von a) Leberglykogen und b) freie Fettsäuren (die Dinger aus dem Fettgewebe).

Evolutiv gesehen: Wenig Leberglykogen und viel freie Fettsäuren hieß immer „keine Nahrung“. Der Körper fackelt da nicht lange, für ihn ist das so.

So eine ketogene Diät bringt viele Vorteile mit sich, also bezogen auf ein therapeutisches Potenzial. Ähnlich wie das Fasten. Fasten ist ein Heilmittel. Aber… wie lange hat man denn immer so gefastet? Bestimmt kein Jahr.

Es ist also kein Zufall, wenn ich sage, dass die T3-Werte bei euch immer sinken, wenn ihr Very Low Carb lebt (1). Das ist ein banaler Prozess, der euch nur helfen soll. Genau wie die physiologische Insulin-Resistenz, die dabei auftritt. Alles gut und schön.

Problem ist nur: Chronische, unvariable Prozesse sind nie zielführend, nie!

Unvariabel ist, wenn die T3-Wert bei ketogenen Diäten sinken (das muss so sein) und diese T3-Werte auch dann niedrig bleiben, wenn man Jod gibt (2).

Das sehe ich bei euch immer: Niedriges TSH (0,5-1,5), aber wenig T3 (2 – 3). Meistens dann noch gepaart mit hohen Cholesterin-Werten (200+) – dann weiß ich, dass derjenige „low/no carb“ lebt. Meine Cholesterin-Werte liegen bei ca. 150-170, HDL >60 und T3 bei 4,4 – T3 hoch, TSH niedrig => keine VLCD. Nur als Referenz.

Jetzt kann ich meine Standard-Floskeln bringen und erzählen, dass T3-Werte auch wichtig sind, für Pregnenolon-Werte und Testosteron etc.

Das verwundert nicht: Wieso soll der Körper „reproduktiv“ aktiv sein, wenn man sich gerade in einer Nahrungsknappheit befindet – wie gesagt, Körper unterscheidet diese „Stoffwechsellage“ nur anhand der Kohlenhydrat-Zufuhr, wobei man – bezogen auf T3 – vermuten kann, dass ein Mindestwert bei ca. 200g/Tag liegt (3).

Also: Ketogene Diäten werden immer dafür sorgen, dass dein T3-Wert sinkt.

Jetzt addiert sich aber ein weiteres Problem: Ich weiß, weil selbst erlebt, dass „wenig Insulin“ dafür sorgt, dass wir keinen Hunger mehr haben. Was viele als „mega toll“ interpretieren, interpretiere ich mittlerweile als „schöner Mechanismus, um sich noch mehr kaputt zu machen“. Was bei Fettleibigen Wunder wirkt, ist für „Normalos“ Gift. Denn dann isst man halt einfach nicht mehr so viel.

Übrigens: Hier sehr schön zu erkennen, warum ich jedem Individuum ein individuelles „Diätprogramm“ (= life style) „auferlegen“ würde. Differenzierung nennt man so etwas.

Also… wir essen dann eben nicht mehr so viel. Ketogene Diäten reduzieren ein Hormon namens Leptin schon sehr viel deutlicher, als eine isokalorische Kohlenhydrat-basierte Diät (4). Machen wir das Ganze chronisch und essen – aufgrund des Hunger-unterdrückenden Effekts – auch noch weniger Kalorien, dann werden wir bald die böse Seite des Leptins kennen lernen.

Das konntest du in einem anderen Artikel von mir bereits nachlesen.  Kurz: Zu wenig Leptin und dein ganzes reproduktives System geht flöten inklusive Testosteron und T3. Vielen Dank, jahrelange Diät!

Was will ich dir damit eigentlich sagen?

Nun… mein „Jod-und-Selen-Programm“ ist super. Für manche. Für andere wird es überhaupt nichts leisten können. Es gibt viele Gründe, aber einen ganz wichtigen habe ich hier erläutert.

Ei, ei, ei. Wie man’s macht, macht man’s falsch, gell?

Im Übrigen: Verstehe mich doch bitte nicht immer falsch. Low carb Diäten sind eine gute Sache. Aber passe auf deine Hormone auf und treibe es nicht bis ins Extrem immer. Danke.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

9 comments On Fasten-Modus – Schilddrüse und Leptin

  • Hallo Chris,
    mein vorhin unter
    https://genetisches-maximum.de/2015/10/paleo-mikronaehrstoffe-zukunft/#comment-3610
    geschriebener Kommentar würde wohl eher hier herunter passen. Aber Doppelposts sind Quark, also belasse ich es dabei.
    Aber: Oben stellst Du einmal aufs Lebergyloken ab („… Der Körper entscheidet anhand von a) Leberglykogen und b) freie Fettsäuren (die Dinger aus dem Fettgewebe). … Wenig Leberglykogen und viel freie Fettsäuren hieß immer „keine Nahrung“. „) und davor und danach auf KH-Zufuhr. Und da muß ich erneut einhaken: Selbst wenn ich mir abends den Leberglykogenspeicher volllade (Frage: Was wird zuerst aufgefüllt – die Muskelglykogenspeicher oder der Leberglycogenspeicher?), so ist der am nächsten Morgen, nach 10 -12 Stunden, doch ohnehin leer. Das betrifft ja jeden, erst recht, wenn man mal unterstellt, daß sich nicht jeder abends den Leberglykogenspeicher vollknallt oder überlaufen läßt. Und erst recht bei IF 16/8, also plus 4h Nichtessen. Was doch bedeutet: Jeder Normalesser, erst recht wer IF 16/8 betreibt, der setzt doch jeden Tag, jeden Morgen die Zeichen auf „Hungerperiode“. Und dies chronisch. Also: T3 geht in den Keller. Und wenn man – wie derzeit ich – sinnvollerweise IF 16/8 als Werkzeug zum diäten nimmt, dann doch erst recht. Andererseits liest man bei all den IF-16/8-Berichten (in denen auch diätet wurde) nichts über die Auswirkungen zu niedrigen T3. Dann müßten alle zu niedrigen T3 haben.
    Und bei dem berühmten Minnesota-Starvation-Experiment haben die Leute ja nicht nur einfach diätet mit einem Defizit von 500 oder 600 kcal. Wie Du weißt wurden die bei gleicher Arbeit, die vorher zu einem Gesamtumsatz von über 3000 kcal führte, auf ca. 1500 kcal gesetzt und zu einem einstelligen KFA gebracht. Bei allerdings, wenn ich mich richtig erinnere, einer KH-lastigen Kost.
    Und was heißt: Zu wenig Leptin? Bei jemanden, der auf einen 5, 6, 7 % KFA gebracht wird, vermag ich mir vorzustellen, daß sein Leptin-Spiegel so niedrig ist, daß Hormone aus dem Ruder laufen. Aber doch wohl kaum, wenn ein 85kg-Rollmops 6, 8 kg Fett abspeckt – und daher noch henügend Speck wie 4 Muskelmänner mit sicher herumschleppt. Dafür ist das Fett doch da – um in Zeiten ohne Futter verwertet zu werden. Ein Herabfahren von T3, ein Herabfahren des Stoffwechsels, der gesamten Leistungsfähigkeit, nur weil ein paar kg des Fett seiner Bestimmung zugeführt werden mit der Folge, daß das Herbeischaffen neuer Nahrung erschwert wird , ist noch alles andere als optimal.
    Noch zu dem in dem verlinkten Beitrag erwähnten refeed;
    Genau aus diesem Grund habe ich es an den WE beim normalen Essen, also 250 bis 300 g KH und 2000 bis 22000 kcal belassen. „Genutzt“ hat es nichts.
    mfg, Michael

  • Hi,

    wie meinst du das mit mein „Jod und Selen Programm“ ist super, aber für manche nicht..

    Habe vor kurzen mal wieder Blutwerte checken lassen, u.a. natürlich auch TSH und FT3…TSH liegt bei 1,7 und FT3 bei 3,1…War auch schon mal höher…Mein freies Testo ist aber gestiegen von 42 auf 54 was mich sehr freut..

    Ich möchte natürlich mein T3 Wert bisschen pushen…Überlege ob ich Selen nehme…Kohlenhydrate habe ich jeden Tag 250-400g drin…Das sollte ja ausreichen oder nicht?

  • Liebe Gabi,

    die Erfahrung mit dem Gedächtnis bei Dir finde ich hochinteressant. Viele sagen ja ihres wäre besser durch Ketogen. Bei mir nicht, auch das Langzeitgedächtnis ist nicht so gut. Werde das weiter beobachten.

    LG
    Nadine

  • Hallöchen,
    zuerst mal…vielen dank für die vielen Infos auf dieser seite!
    Möchte hier meine erfahrung mit ketogener ernährung (bis 25g KH) schildern:
    Begonnen im juli 2014 (nicht um abzunehmen – 160 cm/50 kg, sondern um die ganzen zipperleins loszuwerden-diese verschwanden auch). Beschwerden bei der umstellung auf „fettverbrennung“ hatte ich keine.
    Ab august hat sich dann der „kick“ eingestellt, meine bekannten meinten ich erinnere sie an das duracell-haserl! Konnte keinen tag länger als 6 uhr schlafen, brauchte überhaupt wenig schlaf, die konzentration und die motivation in der arbeit stieg enorm, kaum aufgestanden in der früh hatte ich das grosse bedürfnis mich zu bewegen.
    Fazit: könnte mich nicht daran erinnern, dass es mir schon einmal im leben sooo gut ging. Das einzige manko in dieser hypezeit war der hunger und dies war nicht nur gusto auf dies und das sondern wirklich hunger.
    und dann mit september kam die wende und dass innerhalb von einigen tagen. Konnte mich zu nichts mehr aufraffen, arbeiten schwer möglich, keine motivation. Und ich habe innerhalb von einer woche 7 kg (ob wasser oder fett, kann ich nicht sagen) zugenommen. Dann hatte ich die erste grippe (4 tage hohes fieber) nach drei wochen die nächste. Was neu war während eines grippalen infekts, war eben dieses hohe fieber aber trotzdem grossen hunger zu haben.
    Während der zweiten grippe habe ich angefangen kohlenhydrate zu essen, ca. 200 g/tag und das über eine ganze woche lang. Nach dieser woche wieder zurück zu ketogen, das ging einige tage gut, dann kam wieder der einbruch….mit beginnender demenz (das war ein schock, ich konnte mich plötzlich nicht immer an die namen von freunden erinnern)
    Jetzt esse ich so ca. 30g bis 80g KH pro tag + an ca. zwei tagen die woche gibt’s einen refeed (ca. 200-300g KH)…im moment fühle ich mich sehr wohl damit. Dies passt auch zu meinem hungergefühl. Wenn der „grosse“ hunger kommt, so ca. nach 3-4 tagen, dann wird geschaufelt, die restliche zeit wird moderat nach bedürfnis gegessen.
    im moment passt es so, wie lange ich das so weiter betreibe, hängt von meinem wohlbefinden ab. :)

    Meine frage zur ketogenen ernährung und insbesondere diesen „kick“ den diese bei mir verursacht hat….kann dies mit erhöhten stresshormonen (z.b. cortisol) während des fastenstoffwechsel zusammen hängen?
    LG

  • Meine Hündin weigert sich auch Hühnerleber (konventionelle Haltung) zu fressen. Rinderleber frisst sie, wenn ich sie mit anderem Fleisch 1:1 mische.
    Sie frisst sonst alles. Die Hühnerleber war das einzige, was sie bisher verschmäht hat. Da sie ein „Instinkthund“ ist, gehe ich davon aus, dass man einen (biochemischen) Grund finden würde, was immer es auch ist.
    LG
    Luna

  • Hi Chris,
    danke für die schnelle Antwort.
    Es ist ein Magyar Viszla. Und sorry; Herz isst sie doch gerne (hat mich meine Frau gerade ins rechte Bild gesetzt), dafür aber auch Fettes nicht so gerne. Na ja, ist auch egal. Wichtig war mir insb. das Thema „Gifte“ etc.
    Schönen Sonntag Abend und viele Grüße
    Peter B.

  • …(soll natürlich heißen „chillen“ :-)).

  • Hi Chris,

    die Frage passt vielleicht nicht unbedint hier rein, trotzdem möchte ich sie gerne stellen:

    Du hast schon öfter geschrieben, dass die Leber (Rinder-Leber) sehr gesund sei (Retinol, Eisen, etc. pp.).

    Du hast aber auch schon einmal geschrieben, Du schaust dir Einiges von deinem Hund ab (i.W.Sinne chiilen :-)).
    Ich habe auch einen (Jagd)Hund. Dieser kriegt hauptsächlich rohes Fleisch zu fressen („barfen“). Das Einzige was er nicht wirklich mag, ist ausgerechnet die Leber (???). Auch mit dem Rinder-Herz hat er Probleme.

    Das finde ich irgendwie seltsam. Hast Du ggf. eine Erklärung hierfür?

    In der Leber werden ja nun auch Giftstoffe etc. verarbeitet und angereichert (?). Wie ist das zu beurteilen?

    Viele Grüße
    Peter B.

    • Hallo Peter,

      welche Rasse ist das denn?

      Ich würde von einzelnem Hund als Individuum keine allgemeinen Schlüsse ziehen. Wir haben zwei Hündinnen – eine isst sehr gerne fettes, rotes Fleisch, die andere nimmt nur Hühnchen ohne Fett, sonst bekommt sie Durchfall.

      Ich habe dafür leider keine Erklärung.

      Aber: In Leber sind keine Giftstoffe gelagert, die „klärt“ der Organismus ins Fettgewebe oder ins Nervensystem – die Leber ist kein Speicherort für Gifte, wenn gleich der Gedanke natürliche nahe liegt.

      Liebe Grüße,
      Chris

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