Erinnerst du dich noch an die Ames-Story? Das war der Biochemiker, der seinen alten Ratten Carnitin und Liponsäure verfütterte. Die dankten es ihm, sprangen auf und „tanzten den Macarena“. Im selben Interview verriet Ames, dass seine alten Tierchen „full of energy“ waren. Das Gehirn, ja quasi alles, was die Wissenschaftler studierten, sah verjüngt aus.
Nun … Das ist 15 Jahre her, wir sprechen vom Jahr 2002. Schon damals lies Ames verlauten, dass Krankheit wohl was mit Mitochondrien zu tun habe. Die, so Ames, seien der „weak link in aging“.
Das habe ich versucht zu vermitteln, damals, im Handbuch. Denn natürlich war Ames nicht der erste oder gar der einzige, der über diese Zusammenhänge schrieb. Der weltbekannte, getriebene David Sinclair war auch so einer. Der hatte Ähnliches berichtet — nur der gab seinen Mäuschen Resveratrol, der „Wunderstoff“ aus dem Rotwein.
Heute ist das nicht mehr so hip, seine neueste „Erfindung“ ist Nicotinamidribosid. Schon 2012 hat mir einer meiner Freunde ganz stolz einen Welt-Artikel präsentiert: Milch (und, viel wichtiger, Bier) mache schlank, da dieses Nicotinamid-Ribosid enthalten sei. Aber auch das hatte was mit den Mitochondrien zu tun. Natürlich.
Mitochondrien: Die wichtigen Eckpfeiler
Wer sich mit zellulärer Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Langlebigkeit befasst, der wird immer und immer wieder über dieses Thema stolpern. Egal, wo Wissenschaftler ansetzen.
Daher befassen wir uns hier seit fast drei Jahren mit diesen Themen, vor allem mit Mitochondrien. In nahezu allen unseren (E-)Büchern geht es um die zwei wichtigen Eckpfeiler:
- Es müssen genug vorhanden sein. Sie müssen gesund sein.
- Sie wollen versorgt werden.
Leider keine Selbstverständlichkeit, wie viele immer meinen.
Gibt es einen Mito-Cocktail?
Mitochondrien kann man — zumindest bei Versuchstieren — quasi auf Knopfdruck vermehren. Sprechen wir kurz über ein Beispiel: Es gibt eine interessante Arbeit aus dem Jahr 2011. Dort haben Wissenschaftler ihre Ratten wirklich gequält. Die mussten exzessiv trainieren, waren also kleine Ausdauer-Athleten. Diese Ausdauer-Athleten kann man natürlich mit der unbewegten Kontroll-Gruppe vergleichen. Eine weitere Möglichkeit ist, sie mit Sport zu quälen, aber gleichzeitig einen Mikronährstoff-Cocktail zu verabreichen. Dieser Cocktail enthielt, ziemlich hochdosiert:
Liponsäure, Carnitin, Biotin, Nicotinamid (B3), Riboflavin (B2), Pyridoxin (B6), Kreatin, Q10, Resveratrol und Taurin.
Die Wissenschaftler ließen die Ratten dann auf dem Laufband gegeneinander antreten, bis zum bitteren Ende (= totale Erschöpfung).
Klar zu sehen ist, dass die Cocktail-gefütterte Rattenbande (EN) deutlich länger bzw. weiter laufen konnte. Das Bemerkenswerte daran ist eigentlich, dass die Cocktail-Tierchen quasi ohne Training, also direkt ab Tag 0, weiter laufen konnten. Statt knapp 600 m, konnten die Überflieger direkt 800 m zurücklegen.
Doch wie kann das sein?
Denken wir dazu bitte an unsere beiden Eckpfeiler. Es kann sein, dass Mitochondrien dank der vielen B-Vitamine und Co. einfach besser versorgt waren. Alternativ sorgte dieser Cocktail dafür, dass etwas mit der Mito-Anzahl bzw. der Mito-Funktion passierte.
Tatsächlich — das zeigt uns dieses Bild — hatten die Cocktail-gefütterten Ratten (EN) einfach deutlich mehr und deutlich größere Mitochondrien. Sehr schön zu sehen ist, dass die anderen Ausdauer-Mäuse (EC) auch mehr Mitochondrien in ihren Zellen hatten. Gleichzeitig aber waren die wiederum kleiner. Der extreme Sport (eher: Quälerei) sorgte wohl für Schäden, die sich durch den Cocktail kompensieren ließen. In einfacher Sprache: Der Cocktail sorgte dafür, dass die Tiere mehr Mitochondrien aufwiesen, die gleichzeitig auch gesünder waren.
Die bessere Mito-Funktion der Mikronährstoff-gefütterten Ratten wurde dadurch bestätigt, dass diese einen viel höheren Protein-Gehalt aufwiesen. Die innere Mitochondrien-Membran ist voll mit Proteinen, die sich zu bestimmten Komplexen zusammenlagern (I bis V) und die ATP-, also Energie-Synthese überhaupt erst ermöglichen.
PGC-1alpha steuert Mito-Menge und -Gesundheit
In derselben Arbeit wurde gleichzeitig bestätigt, was wir — die fleißigen edubily-Leser — alle sowieso vermuteten: Der Mikronährstoff-Cocktail sorgte dafür, dass mehr PGC-1alpha gebildet wurde. Dieses Protein, wir erinnern uns kurz, wird als „Masterregulator der Mitochondrien-Biogenese“ bezeichnet. Steigt PGC-1alpha an, steigt die Anzahl der Mitochondrien.
Also: In vielen, vielen Arbeiten lässt sich zeigen, dass durch Umwelteinflüsse (hier: Mikronährstoffe) Eckpfeiler Nummer 1 („Es müssen genug vorhanden sein. Sie müssen gesund sein.“) stark reguliert werden kann, vor allem via PGC-1alpha. Das müssen keine Mikronährstoffe sein, das können Kalorienrestriktion, Kälte, Sport oder Schilddrüsenhormone sein. Aus solchen Mikronährstoff-Studien wird oft nicht klar, ob das daran lag, dass diese Stoffe in diesen Dosen bestimmte Signalwege aktivieren und somit Eckpfeiler 1 regulieren. Oder, ob die Mikronährstoffe einfach zu einer verbesserten Versorgung unserer Mitochondrien beitrugen. Beides zusammen ist natürlich auch möglich.
Relevant auch für uns? Spannend allemal!
Fraglich bleibt, wie immer, wie groß die Relevanz für uns Menschen ist. Das beginnt schon mit der Problematik, dass man sich nicht einfach irgendwelche Hochdosen irgendwelcher Mikronährstoff reinziehen kann, ohne direkt andere Probleme zu generieren. Es ist oft sehr, sehr diffizil.
Nichtsdestotrotz: Wie spannend ist das eigentlich? Ist das nicht faszinierend? Welche Möglichkeiten es potenziell gibt? Mit ein paar Mikronährstoffen mehr Power, mehr Energie zu bekommen? Für andere Säugetiere längst möglich, für uns oft noch ein Wunschtraum — oder wer tanzt bei uns im Alter noch den Macarena, „voller Energie“?
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3 comments On Mitochondrien-Tuning mit Mikronährstoffen?
Hey Chris,
ich möchte gern den Grundlagenkurs kennenlernen und habe den Link angeklickt. Die Antwort war-upps,kann nicht gefunden werden.Gibts den Kurs noch?
Danke und danke auch für Eure Erklärung der spannenden Stoffwechselvorgänge
Gitte
Hey Chris,
würde mir die Studie aus 2011 gern mal durchlesen – leider bisher im Web nicht gefunden.
Könntest Du ggf. einen Link spendieren?
Wäre toll!
Danke und eine wunderbare Zeit Euch allen.
Hi Andreas,
das ist folgende Studie: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21507065
LG Chris