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Der Stoffwechsel-Vorteil vom Veganismus

Immer mal wieder will ich auch auf die Vorteile des Veganismus eingehen, damit es nicht ungewollt zur kognitiven Verzerrung kommt und weil es immer Menschen gibt, die glauben, sie würden sich was Gutes tun, wenn sie nur Tiere essen.

Über die Vorteile berichtet haben wir schon mehrfach, etwa hier, hier und hier.

Veganismus ist nicht optimal, aber…

Veganismus ist langfristig zwar nicht die optimale Ernährung für einen Menschen. Nichtsdestotrotz gibt es Stoffwechselprinzipien, die jeder kennen sollte und mit denen jeder arbeiten kann. Unabhängig davon, wie viele Tierprodukte man letztlich in den Speiseplan integriert. Das ist hoch individuell.

Ich denke daher, dass die Etikettierung verschiedener Kostformen nicht immer zielführend ist. Viel mehr sollte man hinter die Fassade blicken und sozusagen das Uhrwerk verstehen, statt nur zu sehen, wie sich der Zeiger bewegt. Genau dafür setze ich mich seit bald 10 Jahren hier im Blog ein.

Bezüglich Veganismus muss man folgendes anerkennen: Veganer, auch Vegetarier, sind durch die Bank stoffwechselgesünder als Mischköstler. Sogar dann, wenn man Übergewichtige vergleicht (Q). Das heißt, sie haben sehr viel seltener einen hohen BMI bzw. haben sehr viel seltener Insulinresistenz oder Stoffwechselstörungen. Aber wenn sie übergewichtig sind, dann mit weniger Stoffwechselanomalien.

Aufs Kleine runtergebrochen könnte man also sagen: Veganer haben die fitteren Mitochondrien. Denn wenn die ordentlich arbeiten, pustet sich die Zelle von Energie frei und wird insulinsensitiv. Was wiederum den Fettstoffwechsel aktiviert.

Um das Prinzip dahinter zu verstehen, müssen wir erst mal verstehen, um was es uns mit Blick auf Stoffwechselgesundheit geht:

  • Wir brauchen erst mal gesunde Mitochondrien.
  • Wir brauchen ein ideales Verhältnis zwischen Anabolismus (mTOR) und Katabolismus (AMPK), wobei speziell letzteres essentiell für Stoffwechselgesundheit ist, da mTOR im Kontext typisch-westlicher Ernährungen sowieso überaktiv ist.
  • Wir brauchen möglichst wenig Entzündung im Körper, denn Entzündungen legen den Energiestoffwechsel lahm.

All diese Punkte werden auf der Basis, also nicht durch kompliziertes Rumwerken an irgendwelchen Parametern, durch Veganismus positiv moduliert. Das will ich kurz erklären.

Warum Veganismus stoffwechselgesünder macht

Gesunde Mitochondrien 

Die meisten Menschen quälen sich mit ihrem „Stoffwechsel“. Glauben, sie seien krank. Machen irgendwelche DNA-Analysen, um irgendwelche „Genmutationen“ zu finden, von denen sie glauben, dass sie entscheidend seien.

Was die meisten nicht wissen: Wir belasten unsere Mitochondrien den ganzen Tag. Beispiel Dioxine. Blocken die Mitochondrienaktivität. Beispiel zu hohes Eisen (mehr dazu), aber auch Schwermetalle allgemein. Ein paar Meeresfische die Woche reichen aus dafür (mehr dazu). Und schwups … streiken die Mitochondrien.

Ferritin wurde durch Aderlass bei sechs männlichen Fleischessern auf ein ähnliches Niveau wie bei Vegetariern gesenkt, was zu einer etwa 40 %igen Verbesserung der insulinvermittelten Glukoseverwertung führte.

Der Punkt: Umweltgifte und hoch bioverfügbare, meistens besonders schädliche Schwermetalle (z. B. Methylquecksilber im Thunfisch) finden sich vorwiegend in Tierprodukten. Es gibt natürlich Ausnahmen auf veganer Seite, z. B. Arsen im Reis. Aber Tiere akkumulieren Umweltgifte allgemein wesentlich „besser“ als Pflanzen.

So würde man beispielsweise alleine durch das Streichen von Tierfetten die tägliche Dioxinbelastung erheblich senken. Denn: Rund 90 % der Dioxine in der Nahrung stammen aus fetthaltigen Tierprodukten (Q: Umweltbundesamt):

Die Dioxin- und dlPCB-Aufnahme durch den Menschen erfolgt zu über 90 % mit der Nahrung über fetthaltige tierische Lebensmittel wie Milch, Fleisch, Fisch und Eier.

Also, einfacher Zusammenhang: Je mehr Tierprodukte auf dem Speiseplan, umso höher ist das Risiko, die Arbeit der Mitochondrien zu blockieren. Das ist leider der Qualität heutiger Produkte zu verdanken und nicht so sehr den Tierprodukten an sich – würden wir die Umwelt nicht so verpesten… na ja, anderes Thema.

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Umweltgifte gelten mittlerweile als Mito-Toxine, die über spezifische Rezeptoren im Körper den Mitochondrienfunktion einschränken und damit Krankheit verursachen. Quelle: Mitochondrial Dysfunction as a Hallmark of Environmental Injury 

Ideales AMPK 

Egal in welcher Konstellation: Ein zu dominantes mTOR (Anabolismus) hemmt den Fettstoffwechsel, lässt Insulin ansteigen und erhöht die Körpermasse. Viele Menschen in modernen Nationen schaffen es kaum noch ordentlich in den Katabolismus (AMPK) zu kommen, also in die ureigene Fähigkeit des Körpers, sich selbst zu verdauen, (Fett-)Masse abzubauen und damit insulinsensitiv, sprich stoffwechselgesund zu werden.

Es muss also neben Nahrungskalorien, die eine entscheidende Rolle hier spielen, aber auch der Menge an raffinierten Kohlenhydraten und schlechten Fetten, eine weitere Komponente geben, die hier mit reinspielt.

Tatsächlich sind Tierprodukte von Haus aus anabol. Das ist nicht schlecht. Im ursprünglichen Kontext der Evolution, also bei kaum Kohlenhydraten in der Nahrung, bei sicher passendem genetischen Unterbau, bei häufiger Nahrungsknappheit und toller Nahrungsmittelqualität (keine Umweltgifte usw.), ist „mehr Anabolismus durch Tierprodukte“ förderlich.

Fraglich jedoch ist, ob eine stoffwechselkranke Petra von hohen Mengen ebendieser Tierprodukte aus Stoffwechselsicht profitiert, sofern sie sich nicht streng Low-carb ernährt, was hier aber auch schwierig wird. Entsprechend bauen sich viele Low-carber ihre selbsterfüllende Prophezeiiung.

  • Carnitin aktiviert mTOR (Q).
  • Taurin aktiviert mTOR (Q).
  • Kreatin aktiviert mTOR (Q).
  • Cholesterin aktiviert mTOR (Q).
  • Cholin bzw. Phospholipide (Eier) aktivieren mTOR sogar direkt (Q).
  • Arachidonsäure aktiviert mTOR (Q).
  • Gesättigte Fette (Palmitinsäure) aktivieren mTOR (Q).
  • Milch ist in ihrer Zusammensetzung sogar auf die Aktivierung von mTOR ausgelegt, damit das Kalb schnell wächst (Q).
  • Ein hohes Eisen im Körper, Hämeisen aus dem Fleisch füllt die Speicher sehr schnell, ist sogar essentiell für eine hohe mTOR-Aktivität (Q).

So könnte man weitermachen. Die Bottom-line: Die Natur belohnt fleißige Jäger mit einer Portion Anabolismus. Damals gut, heute nicht immer, leider.

Stichwort Entzündungen 

Tierprodukte – allen voran die in pflanzlicher Kost unter- und in tierischer Kost überrepräsentierte Palmitinsäure – stehen immer wieder im Zusammenhang mit Entzündungen im Körper. Beispielsweise über den Darm (Q, Q). Beispielsweise über die Aktivierung von Entzündungssignalwegen direkt (Q). Beispielsweise über Aktivierung bestimmter Rezeptoren an Nervenzellen (Q):

Burton und sein Team untersuchten die gesättigten Fettsäuren im Blut der Mäuse, die eine fettreiche Ernährung erhielten. Sie fanden heraus, dass eine Art von Fettsäure namens Palmitinsäure – die häufigste gesättigte Fettsäure im Tierfett – an einen bestimmten Rezeptor auf Nervenzellen bindet, was zu einer Entzündung führt und eine Verletzung der Neuronen imitiert.

Hier gibt es also durchaus einen klaren Zusammenhang. Wer diese gesättigte Fettsäure nicht verbrennt, isst sich möglicherweise entzündet, verschmerzt und am Ende des Tages stoffwechselkrank. Denn Entzündungen machen genau das. Ein Teufelskreis, denn viel Palmitinsäure = schlechter Fettstoffwechsel = miese Fettverbrennung = hohe Palmitinsäure.

Für ein aktives Entzündungsgeschehen allgemein essentiell sind Metabolite, die aus der essentiellen Fettsäure Arachidonsäure hervorgehen. Sie kommt in Pflanzenprodukten nicht vor, könnte aber aus der pflanzlichen Vorstufe Linolsäure hergestellt werden.

Dieser Reaktionsweg ist aber so ineffizient, dass im Körper kaum Arachidonsäure aus Linolsäure entsteht, was bedeutet, dass eine pflanzliche Ernährung die Arachidonspeicher verarmt, paradoxerweise mit der Möglichkeit, Entzündungen zu drosseln (z. B. Q).

Hier bleibt allerdings zu sagen, dass die Rolle von Arachidonsäure komplexer ist und man nicht sagen kann, dass eine Ernährung, die viel Arachidonsäure enthält, per se entzündungsfördernder ist. Darüber hinaus ist auch die Linolsäure-Mast via Pflanzenöle häufig mit Entzündung assoziiert – unabhängig von Arachidonsäure.

Abschließende Worte

Tierprodukte ermöglichen das glückliche Leben. Ermöglichen die Funktion wesentlicher Abläufe im Körper. Sind quasi Doping für den Körper und sehr sicher Grund, warum es die Gattung Homo seit über 2 Mio. Jahren überhaupt gibt (mehr dazu).

Sie haben aber auch ein inhärentes Potenzial, zur Entgleisung des Stoffwechsels beizutragen. Ich weiß, dass das für viele zu viel Differenzierung und zu kompliziert ist, was mich jedoch nicht daran hindert, die Zusammenhänge darzulegen. Denn ein einem aufgeklärten Ernährungsbewusstsein gehört einfach, das ganze Spektrum zu kennen.

Und das bedeutet, dass es z. B. nix bringt, Low carb leben zu wollen, um Insulin zu senken, wenn man konstant Dinge zuführt, die Insulin paradoxerweise erhöhen würden. Über Mechanismen, die ich hier angesprochen habe.

Genau deshalb geht es eben nicht um die Frage „Veganismus (nur Pflanzen) oder Karnivorie (nur Tiere)“, auch wenn das natürlich sehr einfach im Prinzip ist und daher verlockende Ideologien sind. Beides funktioniert auf Dauer nur in den wenigsten Menschen.

Drum sollte die Frage im Raum stehen, was denn für die meisten funktioniert. Mit der Antwort:

Die Mischung. 

Aus der Perspektive des Konsums von Tierprodukten gilt daher, dass man sich nicht kopflos jeden Tag fünf Eier oder 500 g Steak reinhauen muss, nur weil man keine Weizenbrötchen mehr isst. Ich denke, das ist der völlig falsche Ansatz. Man sollte gut in sich reinhören und wirklich die Minimum Effective Dose finden, die einen psychisch und körperlich gesund hält.

Man kann einen Tag daher auch mal ganz ohne Tierprodukte starten – Stichwort Autophagie. Und wer diese Zeilen verstanden hat, wird nun auch besser verstehen, warum der bekannte Langlebigkeitsforscher Valter Longo glaubt, dass eine vegane Ernährung Effekte des Fastens mimen kann. Es stimmt … ein Stück weit.

Tierprodukte sind Supertreibstoffe. Manche übertanken sich damit.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

10 comments On Der Stoffwechsel-Vorteil vom Veganismus

  • Die AMPK Wirkung der veganen Ernährung funktioniert aber nur dann, wenn der Veganer das fehlende Fleisch nicht mit hochverarbeiteten veganen Ersatzprodulten deckt und gleichzeitig viel Zucker und Weizenprodukte/Mehl zu sich nimmt. Auch Pommes mit Cola sind vegan.
    Ich mache gerne mal eine vegane Einlage und wundere mich, wie man sich so dauerhaft ernähren kann. Das hat schon etwas von Longos Fastenmodus. Ich habe dann schon Probleme, meine Kalorien zusammen zu bekommen! Sinn ist es, einfach mal andere Stoffwechselpfade zu aktivieren, trotzdem bin ich immer „froh“, wenn ich wieder zum tierischen greifen kann.

  • Was würden wir essen wenn…
    wir mehr oder weniger bekleidet draußen herum lungern
    wir nichts weiter bei uns haben als nen‘ Knüppel o.ä.

    Genau, dass was uns gerade vor die Füße fällt und/oder dass was alle anderen auch essen: Grünzeugs und deren Wurzeln, Obst, Beeren, sonstige Früchte, Nüsse und eventuell ein paar Samen.
    Und mit etwas Geschick, Glück und viel – also sehr viel – Ausdauer auch mal ein Stück Wild, insofern dessen Lebenswille bereits etwas gebeugt ist.

    Auf die heutige, schöne neue Welt, übertragen:
    Bedien dich großzügig am Gemüsestand, achte auf Frische. geh ein oder zweimal die Woche zum Metzger deines Vertrauens. Fisch und Meeresfrüchte iss mit den leider bekannten Risiken. Begegne dem Bäckerladen mit wohlwollender Ignoranz. Und wenn auf einer Verpackung etwas draufsteht was du nicht aussprechen kannst, dann iss es auch nicht.

    • Wunderbar ;-) Wichtige Ergänzung: Sei nicht päpstlicher als der Papst, damit du Chris von edubily nicht ständig deine schlechte Laune aufgrund der augenscheinlichen Nahrungskarenz spüren lassen musst :-P

  • ok aber was KANN man denn dann essen?

    nichts?

    nur vegan/vegetarisch mit manchmal etwas Fleisch?

    das ist echt so schwer… irgendwie darf man gar nichts mehr essen….

    • Was man tun kann? Den Beitrag zu Ende lesen…

    • Du liest ja hier seit vielen Jahren mit, also müsstest du ja wissen, für was wir verstehen: Moderat in allem, Kaffeverzicht (wenigstens ab und an), Meiden von Industrieschrott, Zucker, und Weizen, Tierprodukte in Maßen mit höherem Anteil an weißem statt an rotem Fleisch. Fisch selten. Mal nix essen, mal wenig Protein essen oder mal keine Tierprodukte essen. Das war’s auch schon. Den eigenen Weg können wir aber nicht vorgeben, weil wir die Genetik des Einzelnen nicht kennen. Diese Leistung muss man schon selbstständig erbringen dann.
      Denke, das ist eine Ernährung, die von vielen Experten im Gesundheitsbereich so oder so ähnlich empfohlen wird. Essen kann man dabei mehr als genug.

      • Na ja, so simpel ist das eben nicht für alle.
        Als Beispiel: Letztens hast Du rictigerweise angeführt, dass Vit. K2 vermehrt in Tierfett zu finden ist. Ich könnte wetten, dass nicht wenige sich daraufhin etwa geräucherten Speck beim Fleischer geholt haben. Jetzt lesen sie aber vom darin enthaltenen Dioxin.
        Bamm!
        edubily ist halt nix für zart besaitete, leicht beeinflussbare Gemüter. Stichwort Differenzierung… :-)
        Gruß Lutz

        • Ja, gut, die Frage ist, was die Leute heute im Jahr 2023 hören wollen. Nur ideologisch verblendete Sch… oder eine aufgeklärte, saubere Darlegung, mit denen sie im persönlichen Leben arbeiten können? Ich kann doch nix dafür, dass Leute lesen was sie wollen und handeln wie sie wollen. Genauso wenig wie ich etwas dafür kann, dass Leute immer Extreme und einfache Rezepte wollen und zeitgleich ihre Umwelt zumüllen. All das ist nicht mein Problem, ich schreibe ja nur drüber.
          Über Stoffwechselprinzipien, die hier stehen, schreiben wir schon seit 2018 oder noch eher.
          Wer sich nach dem ausgiebigen Lesen hier im Blog geräucherten Speck beim Fleischer holt, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen. Gegen 200 g Zwiebelmett einmal die Woche habe ich aber überhaupt nix.
          Btw: Die Gegensätze hier aufzeigen, auch gerne mal direkt hintereinander, mache ich aber tatsächlich absichtlich.

          • Alles richtig, wie Du das hier machst!
            Ich lese hier schon seit 2015 und das hat mir nicht selten bei MEINEN Entscheidungen geholfen.
            Aus meiner Sicht: Weiter so!

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